Rz. 117
Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB setzt Vorsatz des Schädigers voraus. Mit – direktem – Vorsatz handelt derjenige, der einen anderen mit Wissen und Wollen schädigt; das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit ist erforderlich (vgl. Rdn 15). Bedingter Vorsatz genügt und liegt vor, wenn der Täter mit der Möglichkeit rechnet, dass durch sein Verhalten der andere geschädigt werden könnte, und er diese Schädigung billigend in Kauf nimmt (vgl. Rdn 15); darauf können die Art und Weise des Sittenverstoßes, insb. ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten, hindeuten. Nur unter dieser Voraussetzung kann ein Rechtsanwalt aus §§ 826, 830 BGB für falsche Erklärungen haften, die er in Ausübung eines Mandats ggü. einem Gläubiger seines Auftraggebers oder ggü. dessen Vertragsgegner abgibt.
Rz. 118
Der Vorsatz erfordert nicht, dass der Täter sich den genauen Schadenshergang (Kausalverlauf) vorgestellt und den Schadensumfang vorausgesehen hat; der Vorsatz i.S.d. § 826 BGB muss aber die gesamten Schadensfolgen umfassen. Eine Schädigungsabsicht ist nicht notwendig. Der Vorsatz muss sich auch nicht gegen eine bestimmte Person richten; es genügt, dass der Täter wenigstens die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Nachteil anderer auswirken kann, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen oder zumindest gebilligt hat.
Rz. 119
Der Schädiger muss die Tatumstände, die den Verstoß gegen die guten Sitten begründen, gekannt oder mit der Möglichkeit gerechnet haben, dass solche Umstände vorliegen könnten; das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit selbst braucht der Täter nicht zu haben. Kennt er diese Umstände, so entlastet es ihn nicht, dass er bei seinem Vorgehen dem Rat seines Rechtsanwalts gefolgt ist. Der Kenntnis dieser Tatumstände kann es gleichstehen, dass der Täter sich einer solchen Kenntnis bewusst verschlossen hat. Dies trifft etwa zu, wenn der Berater seine Berufspflichten in solchem Maße leichtfertig verletzt, dass sein Verhalten als bedenken- und gewissenlos zu bezeichnen ist. Aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns kann sich die Schlussfolgerung ergeben, dass mit Schädigungsvorsatz gehandelt worden ist. Von vorsätzlichem Handeln ist auszugehen, wenn der Schädiger so leichtfertig gehandelt hat, dass er eine Schädigung des anderen Teils in Kauf genommen haben muss.
Der Vorsatz enthält ein "Wissens-" und ein "Wollenselement". Der Handelnde muss die Umstände, auf die sich der Vorsatz bezieht, im Fall des § 826 BGB mithin die Schädigung des Anspruchstellers, gekannt oder vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Die Annahme der Form des bedingten Vorsatzes setzt voraus, dass der Handelnde die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat. Ein bedingter Vorsatz kann daher nicht angenommen werden, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen. In einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt. Vertraut der Täter darauf, der als möglich vorausgesehene (oder vorauszusehende) Erfolg werde nicht eintreten, und nimmt er aus diesem Grund die Gefahr in Kauf, liegt allenfalls bewusste Fahrlässigkeit vor; dagegen nimmt der bedingt vorsätzlich handelnde Täter die Gefahr deshalb in Kauf, weil er, wenn er sein Ziel nicht anders erreichen kann, es auch durch das unerwünschte Mittel erreichen will.
Ein Irrtum des Täters über ein Tatbestandsmerkmal schließt Vorsatz aus, auch wenn der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht; dies gilt auch für einen Rechtsirrtum.
Rz. 120
Für den Gehilfenvorsatz ist ausreichend, wenn die Hilfeleistung nicht der eigentliche oder einzige Beweggrund für den Helfer ist. Beihilfe kann auch leisten, wer mit der Unterstützung des Täters andere Absichten und Ziele verfolgt, ja es innerlich ablehnt, dem Täter zu helfen. Nimmt er gleichwohl die Förderung der Tat bewusst in Kauf, dann deckt der so betätigte Ausführungswille diese. In Kauf nehmen liegt auch dann vor, wenn man sich mit dem Eintritt eines an sich unerwünschten Erfolges abfindet und es dem Zufall überlässt, ob er eintritt oder nicht.