Norbert Schneider, Lotte Thiel
A. Überblick
Rz. 1
Die Vergütung des Anwalts für Tätigkeiten in der Versteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft (Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG) richtet sich nach den Vorschriften, die für die Zwangsversteigerung gelten. Anzuwenden ist Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 4 VV (Nrn. 3311, 3312 VV). Tätigkeiten in der Versteigerung sind zwar keine Familiensachen. Allerdings kommen sie in der Praxis des Familienrechtlers häufig vor, weil mit der Trennung regelmäßig auch die Aufteilung des Miteigentums einhergeht. Deshalb werden sie in einem gesonderten Kapitel behandelt (siehe § 15).
Rz. 2
In der Teilungsversteigerung kommen zwei verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten in Betracht, nämlich
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die Vertretung im Teilungsversteigerungsverfahren (Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV) und die Vertretung im Verteilungsverfahren (Anm. Nr. 2 zu Nr. 3311 VV), |
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das Verfahren über Anträge auf einstweilige Einstellung des Verfahrens sowie Verhandlungen zwischen den Beteiligten mit dem Ziel der Aufhebung des Verfahrens (Anm. Nr. 6 zu Nr. 3311 VV). |
Rz. 3
In jeder dieser Angelegenheiten erhält der Anwalt jeweils gesonderte Gebühren, wobei Verfahren nach Anm. Nr. 6 zu Nr. 3311 VV mehrfach eingeleitet werden können und dann auch mehrere Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG mit gesonderten Gebühren und Auslagen auslösen.
B. Tätigkeiten im Teilungsversteigerungsverfahren
I. Überblick
Rz. 4
Unterschieden wird hier nach
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Tätigkeiten im Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens und |
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Tätigkeiten im Verteilungsverfahren und bei Mitwirkung an einer außergerichtlichen Verteilung. |
Rz. 5
Es entstehen insoweit zwar – als Ausnahme zu § 15 Abs. 2 RVG – zwei Verfahrensgebühren; es handelt sich jedoch nur um eine Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG, so dass z.B. die Postentgeltpauschale nur einmal anfällt.
II. Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens
1. Gegenstandswert
Rz. 6
Im gerichtlichen Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens richtet sich der Streitwert gem. § 54 Abs. 1 GKG nach dem gem. § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Grundstückswert (Verkehrswert) und, wenn ein solcher nicht festgesetzt ist, nach dem Einheitswert (§ 54 Abs. 1 S. 2 GKG).
Rz. 7
Für die Anwaltsgebühren enthält § 26 RVG dagegen abweichende Regelungen, da das Interesse eines Beteiligten nicht mit dem Wert des gerichtlichen Verfahrens übereinstimmt. Der Gegenstandswert in der Teilungsversteigerung bestimmt sich für die Beteiligten nach § 26 Nr. 2 RVG. Auszugehen ist im Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens von dem Wert des zu versteigernden Grundstücks (§ 26 Nr. 2, 1. Teils. RVG). Hiervon ist dann der Anteil zu ermitteln, der dem Miteigentumsanteil des jeweiligen Beteiligten entspricht (§ 26 Nr. 2, 2. Teils. RVG).
Rz. 8
Die Gegenstandswerte für die beteiligten Anwälte sind auf Antrag im Verfahren jeweils nach § 33 RVG gesondert festzusetzen.
Beispiel 1: Gegenstandswert Teilungsversteigerung (I)
Der Anwalt beantragt für die geschiedene Ehefrau die Teilungsversteigerung des im jeweils hälftigen Miteigentum der geschiedenen Ehegatten stehenden Hausgrundstücks. Der geschiedene Ehemann lässt sich ebenfalls anwaltlich vertreten. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 200.000,00 EUR und ist unbelastet.
Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens beträgt 200.000,00 EUR. Für die beteiligten Anwälte beträgt der Gegenstandswert ihrer Tätigkeit nach § 26 Nr. 2 RVG jedoch nur 100.000,00 EUR.
Beispiel 2: Gegenstandswert Teilungsversteigerung (II)
Der Anwalt beantragt für die geschiedene Ehefrau die Teilungsversteigerung eines gemeinsamen Hausgrundstücks der geschiedenen Ehegatten. Die Ehefrau hat einen Miteigentumsanteil von 1/4 und der Ehemann von 3/4. Der geschiedene Ehemann lässt sich ebenfalls anwaltlich vertreten. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 200.000,00 EUR und ist unbelastet.
Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens beträgt wiederum 200.000,00 EUR. Für den Anwalt der geschiedenen Ehefrau beträgt der Gegenstandswert 50.000,00 EUR und für den Anwalt des geschiedenen Ehemannes 150.000,00 EUR.
Rz. 9
Belastungen des Grundstücks, etwa noch valutierende Grundschulden o.Ä., spielen keine Rolle, weil diese vom Versteigerer übernommen werden müssen und damit die Eheleute insoweit von ihren Verbindlichkeiten befreit werden.
Beispiel 3: Gegenstandswert Teilungsversteigerung (belastetes Grundstück)
Der Anwalt beantragt für die geschiedene Ehefrau die Teilungsversteigerung des im jeweils hälftigen Miteigentum stehenden Hausgrundstücks der geschiedenen Ehegatten. Der geschiedene Ehemann lässt sich ebenfalls anwaltlich vertreten. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 200.000,00 EUR und ist mit Grundschulden von 150.000,00 EUR belastet, die in Höhe von 100.000,00 EUR noch valutieren.
Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens beträgt wiederum 200.000,00 EUR. Die Belastungen wirken nicht mindernd. Für die beteiligten Anwälte beträgt der Gegenstandswert ihrer Tätigkeit nach § 26 Nr. 2 RVG wiederum 100.000,00 EUR.
2. Die Gebühren
Rz. 10
Für die Tätigkeit im Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens erhält der Anwalt nach Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV eine Verfahrensgebühr mit einem Gebüh...