Zwangsversteigerungen: Zwei Drittel sind Wohnimmobilien

Es werden wieder deutlich mehr Immobilien in Deutschland zwangsversteigert. Die Notverkäufe betreffen nach Recherchen des Fachverlags Argetra in zirka 69 Prozent der Fälle Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen.

Laut Argetra-Jahresbericht 2024 wurden im vergangenen Jahr Gerichtsverfahren für Zwangsversteigerungen von 13.445 Häusern, Wohnungen und Grundstücken eröffnet – 12.332 waren es 2023. Der Verkehrswert, der unter den Hammer kam, stieg in diesem Zeitraum von rund 3,87 Milliarden auf 4,3 Milliarden Euro.

Anzahl und Verkehrswerte der versteigerten Objekte legten 2023 um jeweils weniger als fünf Prozent zu – in der aktuellen Auswertung sind es neun respektive elf Prozent. Analysiert wurden die Termine an allen knapp 500 Amtsgerichten.

Die schwache Wirtschaft und der angeschlagene Immobilienmarkt zeigten Wirkung, schreiben die Autoren. Zwar seien die Zinsen etwas gefallen, aber ein neuer Immobilienboom sei nicht in Sicht. Die finanzielle Last, die Privatkunden im Schnitt für die Finanzierung aufwenden, sei in den vergangenen drei Jahren gewachsen. Für 2025 rechnen die Autoren mit einem erneuten Anstieg der Zwangsversteigerungen.

Eigenheime werden besonders oft zwangsversteigert

Die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland war laut Argetra zuvor jahrelang gesunken. Grund waren die lange Zeit gute Konjunktur, der Immobilienboom und die niedrigen Zinsen, die Kredite billig machten.

Zwangsversteigert wurden im vergangenen Jahr in rund zwei Dritteln (69 Prozent) der Fälle Wohnimmobilien mit dem Löwenanteil bei Ein- und Zweifamilienhäusern, gefolgt von Eigentumswohnungen, teilt der Fachverlag mit. Den Rest von 31 Prozent teilen sich Gewerbegrundstücke, Wohn- und Geschäftshäuser und sonstige Immobilien.

Teilungsversteigerungen, also Versteigerungen zwecks Auflösung der Eigentümergemeinschaft aus Ehe- und Erbengemeinschaften, haben weiterhin einen hohen Anteil mit knapp zwei Milliarden Euro Gesamtverkehrswert – das waren 39 Prozent (Vorjahr: 40 Prozent) aller Termine. Betroffen waren 59 Prozent aller Grundstücke und 41 Prozent der Ein- und Zweifamilienhäuser.

Zwangsversteigerungen: Schnäppchen am freien Markt?

Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland liegt laut Argetra-Bericht 2024 seit Jahren bei den Zwangsversteigerungen vorn, mit einem Anteil von rund 21 Prozent. Im Bundesschnitt waren im vergangenen Jahr 33 (Vorjahr: 30) von 100.000 Haushalten betroffen. Die Zahl der anberaumten Termine war dabei in Thüringen (59) mehr als doppelt so hoch wie in Bayern (25).

In Hamburg wurden laut Argetra die höchsten Verkehrswerte mit durchschnittlich mehr als 1,1 Millionen Euro pro Immobilie aufgerufen. In Berlin liegt der Durchschnitt bei 870.000 Euro und damit auf Platz zwei. Sachsen-Anhalt bildet das Schlusslicht mit Durchschnittswerten von 96.000 Euro. Der Bundesdurchschnitt lag im Jahr 2024 bei 319.509 Euro (Vorjahr: 313.955 Euro). Die durchschnittlichen Verkehrswerte seien in fast allen Ländern gestiegen, heißt es in dem Bericht, der am 14.1.2025 veröffentlicht wurde.

Blacklist: Berlin führt bei Zwangsversteigerungsterminen

Bei den vierzig Städten mit den meisten Terminen führt Berlin, gefolgt von Leipzig, München, Stuttgart, Zwickau, Chemnitz und Duisburg. An den untersuchten 40 Standorten, die zirka 18 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, finden 30 Prozent aller Immobilienversteigerungen statt – und damit deutlich mehr als im Bundesschnitt.

Neu in der Argetra-Blacklist der "Top 40"-Zwangsversteigerungstermine sind unter anderem Coburg, Landau, Würzburg, Siegburg und Bad Kreuznach. Düsseldorf, Kassel, Rastatt, Eisenach und Wuppertal werden hingegen nicht mehr gelistet. Bemerkenswert: Von den 40 Städten haben elf weniger als 50.000 Einwohner.

Nur rund die Hälfte der eröffneten Zwangsversteigerungsverfahren landet vor Gericht. Der Rest der Immobilien wird frei am Markt verkauft. Da sich wirtschaftliche Probleme der Haushalte mit Zeitverzögerung auswirken, gehen die Autoren davon aus, dass sich die entsprechenden Zahlen erst im kommenden Jahr zeigen werden.

Argetra-Jahresbericht 2024

Quelle der Analyse ist die Argetra-Online-Datenbank mit mehr als 800.000 Terminen. Beliefert werden Banken, Portfoliohändler und Servicer. Neu sind die Marktschwankungsanalysen für Zwangsversteigerungsobjekte, da sich die Schwankungswerte vom normalen Markt abgekoppelt haben. In der Datenbank und im Versteigerungskalender werden tagesaktuell die Termine der knapp 500 deutschen Amtsgerichte veröffentlicht.

Zum Argetra-Jahresbericht 2024


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