Im ersten Quartal 2024 summierte sich das Transaktionsvolumen am Investmentmarkt für Wohnimmobilien in Deutschland laut Colliers auf 1,6 Milliarden Euro. Auf einen ähnlich hohen Umsatz von rund einer Milliarde Euro kommt Cushman & Wakefield in einer Untersuchung. CBRE (730 Millionen Euro), Savills (755 Millionen Euro), BNP Paribas Real Estate (771 Millionen Euro), Nai Apollo (790 Millionen Euro) und JLL (820 Millionen Euro) liegen mit ihren Zahlen deutlich darunter – einig sind sich die Experten, dass es ein besonders schwaches Quartalsergebnis ist.
Wohnimmobilien: Portfolios bleiben in der Schublade
Laut Colliers lag das Ergebnis der ersten drei Monate 2024 um sechs Prozent unter dem des Vorjahres. Dabei entfielen 360 Millionen Euro (23 Prozent) des Umsatzes auf Portfolio-Deals. Die Konzentration lag mit einem Anteil von 51 Prozent (809 Millionen Euro) auf den sieben deutschen Top-Metropolen und hier vor allem auf Berlin (rund 630 Millionen Euro). "Das niedrige Transaktionsvolumen ist dem Fehlen von großen Portfolios geschuldet, die wir erst im Jahresverlauf 2024 auf dem Markt erwarten", sagt Felix von Saucken, Head of Residential Germany bei Colliers.
Momentan zeichnet sich der deutsche Wohninvestmentmarkt auch nach Beobachtung von JLL durch einen Fokus auf kleinteilige Investments aus: Zwei von drei Transaktionen entfielen demnach auf die Größenordnung kleiner als zehn Millionen Euro – die durchschnittliche Dealgröße lag demnach mit 18 Millionen Euro rund 34 Millionen Euro unter dem langjährigen Durchschnitt.
BNP Paribas Real Estate kam das Segment bis 25 Millionen Euro auf ein Investitionsvolumen von 238 Millionen Euro und einen weit überdurchschnittlichen Umsatzanteil von knapp 31 Prozent im ersten Quartal 2024.
Bodenbildung bei den Spitzenrenditen
Die mittlere Spitzenrendite ist laut JLL in den sieben Metropolen im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Schlussquartal 2023 unverändert geblieben – im Vergleich zum ersten Quartal 2023 wird dagegen ein deutlicher Anstieg (plus 65 Basispunkte) auf 3,71 Prozent verzeichnet. Damit hat die seit dem zweiten Quartal 2022 anhaltende Dekompression der Spitzenrenditen erstmals eine Bodenbildung erreicht. Colliers sieht die Spitzenrenditen derzeit bei 3,85 Prozent für Bestandsobjekte in den A-Städten und 4,50 Prozent an anderen Standorten.
München und Berlin sind nach Angaben von BNP Paribas Real Estate derzeit die teuersten Standorte (3,60 Prozent). Dahinter rangieren Frankfurt am Main bei 3,65 Prozent, Hamburg und Stuttgart bei 3,70 Prozent sowie Düsseldorf bei 3,80 Prozent und Köln bei ver Prozent. Die Spitzenrendite für Mehrfamilienhäuser lag laut Savills zum Ende des ersten Quartals 2024 bei 3,6 Prozent und blieb damit im zweiten Quartal in Folge stabil. Cushman & Wakefield sieht im Schnitt eine Stabilisierung der Spitzenrendite bei 3,90 Prozent. Der Anstieg der durchschnittlichen Spitzenrendite in den Top-7-Märkten ist nach Angaben von CBRE nur leicht um 0,05 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent gestiegen.
Höhere Nachfrage nach Projekten und Forward Deals
Die Nachfrage nach Anlageobjekten richtet sich laut Colliers stark auf Bestandsobjekte aus. Weil große Portfolios fehlten, sei der Anteil von Forward Deals und Neubauprojekten deutlich gestiegen (56 Prozent). Auch laut BNP Paribas Real Estate kommen Forward Deals mit 54 Prozent auf einen deutlich überdurchschnittlichen Umsatzanteil. Zum Vergleich: Im Zehn-Jahres-Schnitt waren es 25 Prozent. Generell sei im Markt wieder eine Belebung von Forward Deals zu registrieren, die allerdings aktuell auf ein weitgehend konsolidiertes Angebot trifft. Viele Projekte mussten durch die veränderten Rahmenbedingungen aufgegeben oder neu kalkuliert werden.
Savills zufolge entfielen im ersten Quartal 2024 rund 62 Prozent des Transaktionsvolumens auf Forward-Transaktionen, was als Ausreißer nach oben gewertet wird – im Durchschnitt der vergangenen zwei Jahre entfielen nur 31 Prozent des Transaktionsvolumens auf Forward-Deals.
Das nachgefragteste Teilsegment waren auch nach Beobachtung von CBRE Neubauprojekte in Form von Forward Deals mit einem Volumen von zirka 480 Millionen Euro – da die Zahl der Baufertigstellungen in absehbarer Zeit dramatisch einbrechen wird, rechnet das Maklerhaus damit, dass die Preise in diesem Segment nicht mehr sinken werden, sondern bei zumindest stabiler Nachfrage sogar wieder steigen könnten. "Die Phase der Preisfindung ist noch nicht flächendeckend abgeschlossen, weshalb auch zum Jahresanfang einige Verkaufsprozesse abgebrochen oder in die Länge gezogen wurden", so Dr. Marcel Crommen, Geschäftsführer von Nai Apollo.
Markterholung 2024 erwartet – Mieten im Aufwärtstrend
Bei den Renditen sehen alle Maklerhäuser eine Bodenbildung, was für eine Marktbelebung im weiteren Jahresverlauf spricht – ebenso wie die Aussicht auf weiter steigende Mieten, wegen der hohen Nachfrage nach Wohnraum bei zugleich zu geringem Angebot. "Wir erwarten daher für 2024 ein deutliches Mietwachstum in den A-Städten", sagt Emanuel Eckel, Director Market Intelligence & Foresight bei Colliers. Im zweiten Halbjahr erwartet er eine höhere Investmenttätigkeit. Junge und ESG-konforme Bestandsobjekte dürften dabei im Fokus stehen.
Bereits angepasste Bewertungen, die Aussichten auf eine wieder expansivere Geldpolitik und die sich beschleunigende Mietpreisdynamik sprechen auch laut der Analyse von BNP Paribas Real Estate für eine spürbar höhere Marktdynamik im weiteren Jahresverlauf. BNP Paribas Real Estate geht von einem verbesserten Zugang zu Fremdkapital und von günstigeren Finanzierungskosten aus. Laut Nai Apollo dürfte der Verkaufsdruck im Zuge von Refinanzierungen und Liquiditätssicherung zunehmen.
"Einige großvolumige Transaktionsprozesse befinden sich in einem fortgeschrittenen Stadium. Im weiteren Jahresverlauf ist also mit einer deutlichen Marktbelebung zu rechnen“, sagt Michael Bender, Head of Residential JLL Germany. Dabei könnten auch Wohnungsunternehmen wieder auf der Käuferseite auftauchen. Colliers und CBRE halten ein Gesamtjahresergebnis von rund zehn Milliarden Euro für möglich.
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