Makler: Investoren wieder deutlich aktiver am Wohnungsmarkt
Nach Angaben von Colliers waren nach einem schwachen ersten Quartal im zweiten Quartal 2024 die institutionellen Anleger in Wohnimmobilien wieder aktiver: Das Ergebnis lag demnach mit 2,6 Milliarden Euro knapp 80 Prozent über dem der ersten drei Monate – CBRE sieht sogar eine spürbare Belebung um plus 276 Prozent auf zwei Milliarden Euro (erstes Quartal: 740 Millionen Euro).
Laut BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) wurden im zweiten Quartal 2,5 Milliarden Euro investiert, nach 800 Millionen Euro im ersten Quartal. Nach einem Bericht von JLL summierten sich die Abschlüsse von April bis Juni 2024 ebenfalls auf 2,6 Milliarden Euro (Vorquartal: 800 Millionen Euro), Cushman & Wakefield verzeichnet ein Transaktionsvolumen von 2,05 Milliarden Euro und Nai Apollo rechnet mit 2,4 Milliarden Euro (erstes Quartal: 790 Millionen Euro).
Savills weist darauf hin, dass das Transaktionsvolumen in den ersten sechs Monaten 2024 (knapp drei Milliarden Euro) nicht zuletzt durch die öffentliche Hand gestützt wurde, die für mehr als ein Drittel des Ankaufsvolumens verantwortlich war (Nai Apollo: Marktanteil: 41,2 Prozent). Die Umsatzsteigerungen im zweiten Quartal führen die großen Maklerhäuser auch auf die wieder steigende Nachfrage nach großvolumigen Deals zurück.
Nachfrageüberhang bei Wohnportfolios
BNPPRE beobachtet wieder ein verstärktes Investoreninteresse im großvolumigen Segment und in Bestandsportfolios. Dies könne ein Zeichen dafür sein, dass die Konsolidierungsphase zum Ende kommt. Klassische Core-Objekte und Portfolios, die besonders von institutionellen Investoren nachgefragt werden, sind aber laut CBRE kaum auf dem Markt: Hier gibt es derzeit einen akuten Nachfrageüberhang. Nach Berechnungen von Cushman & Wakefield vereinten im zweiten Quartal 2024 großvolumige Portfoliotransaktionen einen Umsatz von 1,35 Milliarden Euro auf sich.
Der Wohninvestmentmarkt ist deshalb im Unterschied zur vergangenen Marktphase durch eine hohe Kleinteiligkeit geprägt. JLL kommt zu dem Schluss: Jede zweite Transaktion im zweiten Quartal entfiel auf die Größenordnung kleiner als zehn Millionen Euro; im Schnitt lag die Dealgröße bei rund 33 Millionen Euro. Im Fokus stehen Core-plus-Immobilien mit einem Anteil von 62 Prozent, gefolgt von Core-Objekten mit 27 Prozent sowie Value-add-Transaktionen mit neun Prozent.
Laut Colliers entfielen 65 Prozent des Transaktionsvolumens auf die sieben A-Städte mit einer Konzentration auf Berlin (rund 1,9 Milliarden Euro). Marktprägend war hier unter anderem der Verkauf von 4.500 Wohnungen durch die Vonovia an die Berliner Howoge. JLL zufolge hatten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart im zweiten Quartal 2024 einen Anteil am gesamten Transaktionsvolumen von knapp 58 Prozent.
Renditen stabil zwischen 3,4 Prozent und 4,5 Prozent
Die Spitzenrenditen von 3,85 Prozent für Bestandsobjekte in den A-Städten und 4,5 Prozent an anderen Standorten haben sich im ersten Halbjahr der Colliers-Studie zufolge bestätigt und stellen das neue Renditeniveau nach der Preiskorrektur dar. BNPPRE sieht die Netto-Spitzenrenditen für Neubauobjekte im zweiten Quartal unverändert: Dabei sind laut dieser Studie München und Berlin die teuersten Standorte (3,6 Prozent). Dahinter rangieren Frankfurt am Main (3,65 Prozent), Hamburg und Stuttgart (jeweils 3,7 Prozent) sowie Düsseldorf (3,8 Prozent) und Köln (vier Prozent).
CBRE sieht den Peak bei der Spitzenrendite überschritten und kommt für das zweite Quartal 2024 im Durchschnitt der sieben Top-Städte auf einen stabilen Wert von 3,4 Prozent. Bei Bestandsobjekten mit schwächeren Energieeffizienzklassen in weniger nachgefragten Regionen sei jedoch mit erheblichen Preisabschlägen bis hin zur Unverkäuflichkeit auszugehen. Savills geht von einer Spitzenrendite von 3,6 Prozent aus, die demnach seit einem Jahr unverändert geblieben ist.
JLL geht von einer mittleren Rendite von 3,61 Prozent aus und erklärt, dass wesentlicher Treiber der Rendite im Spitzensegment das aus Käufersicht ungünstige Verhältnis von Angebot und Nachfrage ist und einer verstärkten Nachfrage nach ESG-konformen Produkten auf institutioneller Seite eine ausgedünnte Pipeline gegenüber steht. Laut Cushman & Wakefield dürfte die Spitzenrendite bis Ende 2024 bei 3,9 Prozent verharren.
Trend zu Projekten, Forward Deals und Microliving
Produktseitig richtet sich die Nachfrage weiterhin stark insbesondere auf den jungen Bestand aus, der in den vergangenen zehn bis 20 Jahren errichtet wurde, schreibt Colliers. Nach Angaben von BNPPRE wurden mit 15 Prozent moderne Bestandsobjekte in der ersten Jahreshälfte 2024 stark überdurchschnittlich nachgefragt. Gründe dürften ESG-Konformität und die hohe Nachfrage nach modernen Wohnformen bei abnehmendem Angebot sein.
CBRE spricht von einem rückläufigen Verkaufsvolumen von Projektentwicklungen als Forward Deal oder im Rahmen eines Forward Fundings: Rund 870 Millionen Euro waren es demnach im ersten Halbjahr 2024 und etwa 970 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2023, die sich zunehmend in der Transaktionsbilanz niederschlagen. Absolut betrachtet ist nach Angaben von Nai Apollo der Umsatz mit Forward-Deals im Vergleich zum Vorjahr um 17,5 Prozent auf 880 Millionen Euro gestiegen (Marktanteil: 27,4 Prozent).
Bei der Assetklasse Mikrowohnen verzeichnet Colliers eine hohe Nachfrage, die Unklarheiten bezüglich möglicher Regulierung bremsten konkrete Transaktionen im bisherigen Jahresverlauf aber aus, heißt es. Zur Jahresmitte 2024 wurde in diesem Segment ein Transaktionsvolumen von rund 200 Millionen Euro registriert. Cushman & Wakefield sieht das Transaktionsvolumen für Microliving-Objekte deutlich gestiegen: Nach 55 Millionen Euro in den ersten drei Monaten 2024 wurden von April bis Juni Umsätze in Höhe von 100 Millionen Euro erfasst.
Ausblick: Solides Ergebnis 2024 erwartet
Colliers hält ein Gesamtjahresergebnis im Bereich von zehn Milliarden Euro für möglich. Von institutionellem Kapital mit Schwerpunkt Private Equity und eigenkapitalstarken Akteuren wie Family Offices könnten Nachfrageimpulse auf Käuferseite ausgehen, während auf Verkäuferseite große Bestandshalter, Projektentwickler und Distressed Sellers aufgrund von Liquiditätsdruck aktiver sein dürften, so die Experten. CBRE meint, dass auf Jahressicht sukzessive Verkäufe von Fonds und börsennotierten Wohnungsunternehmen das Volumen stark beeinflussen werden und erwartet im Gesamtjahr 2024 ein Transaktionsvolumen von mindestens fünf Milliarden Euro.
Die Leitzinssenkung durch die EZB im Juni 2024 und erwartete weitere Schritte werden laut BNPPRE die Fremdkapitalbeschaffung vereinfachen und Kapitalkosten reduzieren. Die Experten gehen entsprechend von einer deutlich höheren Dynamik am deutschen Wohninvestmentmarkt in der zweiten Jahreshälfte aus. JLL geht davon aus, dass durch die hohen Mietsteigerungen im Neubau, eine sich verbessernde Verkaufssituation am Eigentumsmarkt und eine verbesserte Kostensituation dafür sorgen werden, dass in der zweiten Jahreshälfte Projektentwickler wieder vermehrt auf der Käuferseite auftreten und damit Forward-Deals wieder interessanter werden.
Nai Apollo rechnet mit einer weiteren langsamen Erholung des Marktes und einem Transaktionsergebnis für das Gesamtjahr 2024, das das Vorjahresergebnis von 6,2 Milliarden Euro klar übertreffen wird. Savills prophezeit, dass Bestandshalter wegen der hohen Instandhaltungskosten, Regulierung und zunehmend geringerer Mieterfluktuation dazu bewegt sein könnten, sich von Wohnobjekten oder ganzen Portfolios zu trennen, was noch einmal Bewegung in die Preise brächte.
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