Rz. 283
Die Teilungsanordnung entfaltet ihre Wirkung erst bei der Nachlassteilung. Das Vermächtnis hingegen ist Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 Abs. 2 BGB) und ist deshalb vor der Teilung zu erfüllen (§ 2046 BGB).
Rz. 284
Im Einzelfall kann es schwierig sein, festzustellen, ob die Anordnung des Erblassers den Charakter einer Teilungsanordnung oder eines Vorausvermächtnisses nach § 2150 BGB hat. Hat der Erblasser keine insoweit eindeutige Erklärung abgegeben, so ist der Wille durch Auslegung zu ermitteln.
Rz. 285
Während die Teilungsanordnung den Erbteil quasi konkretisiert, wird das Vorausvermächtnis zusätzlich zum Erbteil gewährt. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich um eine Teilungsanordnung, wenn die Höhe des Erbteils durch die Besonderheit der Auseinandersetzung nicht verändert werden soll. Ein etwaiger höherer Wert des zugeteilten Nachlassgegenstandes, als dem Auseinandersetzungsguthaben entspräche, ist unter den Erben auszugleichen.
Rz. 286
Soll dagegen dem betreffenden Miterben ein nicht ausgleichungspflichtiger Mehrwert in Form eines besonderen Vermögensvorteils zufließen, so liegt ein Vorausvermächtnis vor. Der BGH stellt darauf ab, ob der Erblasser dem Begünstigten einen Vermögensvorteil verschaffen wollte, ob er ihn also gegenüber den anderen Miterben begünstigen wollte – Stichwort: Begünstigungswille.
Oder – anders ausgedrückt:
Zitat
Eine vom Erblasser in letztwilliger Verfügung getroffene Anordnung für die Auseinandersetzung unter den Miterben stellt dann eine Teilungsanordnung dar, wenn er die zuvor festgelegten Erbquoten durch seine Verfügung nicht verschieben, sondern unangetastet lassen wollte.
Eine Teilungsanordnung – mit der Folge, dass der die Erbquote übersteigende Wert ausgeglichen werden muss – liegt auch dann vor, wenn dem Bedachten objektiv ein zusätzlicher Vermögensvorteil zugewendet worden ist, ohne dass der Erblasser ihn gegenüber den Miterben bevorzugen wollte. Ob eine solche Bevorzugung nicht gewollt war, ist im Wege der Auslegung der letztwilligen Verfügung zu ermitteln.
Rz. 287
Die wesentliche Unterscheidung nach Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis anhand eines Vermögensvorteils und eines Begünstigungswillens ist aber nicht das einzige Abgrenzungskriterium. Im Urt. v. 7.12.1994 hat der BGH klargestellt, dass der Erblasser grundsätzlich auch einen von der Erbeinsetzung unabhängigen Grund haben kann, einem Miterben einen bestimmten Gegenstand zuzuwenden. Dies kann bspw. dann der Fall sein, wenn der Erbe seinen Erbteil ausschlägt, er nach dem Willen des Erblassers den Gegenstand aber dennoch erhalten soll. Die wertmäßige Begünstigung ist demnach nur ein wichtiges Indiz, nicht aber zwingende Voraussetzung für die Auslegung als Vorausvermächtnis.
Rz. 288
Ist das Vorliegen eines Begünstigungswillens unklar, sind Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis nach den allgemeinen Regeln der Testamentsauslegung so voneinander abzugrenzen, wie es dem mutmaßlichen Erblasserwillen am ehesten entspricht. Im Zweifel wird man zu einer Teilungsanordnung gelangen und folglich zu einer Ausgleichspflicht. Das Schweigen des Testaments spricht mithin für einen Wertausgleich und damit für eine Teilungsanordnung.
Zur Klärung der Frage, ob im Einzelfall eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis vorliegt, kann eine Feststellungsklage erhoben werden.
Rz. 289
Der Miterbe kann nach Annahme der Erbschaft die Übernahme des ihm durch Teilungsanordnung zugedachten Gegenstandes grundsätzlich nicht verweigern. Demgegenüber kann ein Vorausvermächtnis ohne weiteres ausgeschlagen werden. Bei Ausschlagung der Erbschaft wird die mit einem Erbteil verbundene Teilungsanordnung eo ipso gegenstandslos, nicht dagegen ein Vorausvermächtnis, das grundsätzlich – soweit der Erblasser nichts anderes angeordnet hat – unabhängig vom Erbteil weiter besteht.
Rz. 290
Ist eine Teilungsanordnung im gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag enthalten, so ist sie jederzeit widerruflich, weil sie nicht bindend angeordnet werden kann. Anders dagegen das Vorausvermächtnis: Es kann mit Bindungswirkung angeordnet werden. Im Falle erbvertraglicher Anordnung genießt der durch Vorausvermächtnis Bedachte schon vor dem Erbfall den Schutz des § 2288 BGB gegen eine beeinträchtigende Verfügung unter Lebenden.
Rz. 291
Der Erblasser kann auch den Wert, der der Berechnung des Ausgleichsbetrags zugrunde gelegt werden soll, testamentarisch bestimmen.
Rz. 292
Legt der Erblasser für einen Nachlassgegenstand (häufig Grundstück) einen Übernahmepreis (in der Auseinandersetzung anzurechnender Betrag) fest, so ist zu differenzieren:
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Ist der objektive Wert höher als der Übernahmepreis, so liegt in Höhe der Differenz ein Vorausvermächtnis für den begünstigten Miterben vor. |
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Ist der objektive Wert niedriger als der Übernahmepreis, so ist ein Vorausvermächtnis zugunsten der anderen, nicht übernahmeberechtigten Miterben angeordnet. Darlegungs- und Beweislast: Wer Vorausvermächtnis behauptet, macht für sich e... |