Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
A. Ersatzeinreichung
Rz. 1
Wie in § 3 dieses Werks ausgeführt, besteht in Deutschland in weiten Teilen eine umfassende Pflicht zur elektronischen Einreichung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf dieses Kapitel verwiesen.
Rz. 2
Von dieser umfassenden Pflicht gibt es – hier am Beispiel der ZPO – zwei Ausnahmen:
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vorübergehende technische Unmöglichkeit, § 130d S. 2 ZPO, siehe § 3 Rdn 76 ff. sowie |
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bei Überschreibung der Höchstgrenzen bei Anzahl und MB einer elektronischen Nachricht, siehe dazu beispielhaft § 130a Abs. 2 i.V.m. § 5 ERVV sowie der (zurzeit geltenden) 2. ERVB 2022, § 12 Rdn 43 ff. |
Rz. 3
In diesen beiden Fällen bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Mit den allgemeinen Vorschriften ist – wieder am Beispiel der ZPO – die Einreichung gem. § 130 Nr. 6 ZPO gemeint, auch genannt:
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herkömmliche Einreichung (wobei die Beibehaltung dieses Begriffs ausdrücklich nicht empfohlen wird, denn die herkömmliche Einreichung ist seit dem 1.1.2022 die elektronische Einreichung) sowie |
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"schriftliche Einreichung" (häufig verwendeter Begriff auch der Rechtsprechung in Wiedereinsetzungsverfahren und sehr gebräuchlich; gutes Pendant zur "elektronischen Einreichung" gem. § 130a ZPO). |
Rz. 4
Diese schriftliche Einreichung gem. § 130a Abs. 6 ZPO – die bei bestehender elektronischer Einreichpflicht seit dem 1.1.2022 ausschließlich als Ersatzeinreichung zulässig ist – kann z.B. auf nachstehende Weise erfolgen:
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rechtzeitige Einreichung des Dokuments in Schriftform (d.h. im Original unterschrieben) per Briefpost |
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rechtzeitige Einreichung des Dokuments in Schriftform per Fax |
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rechtzeitiger Einwurf des Dokuments in Schriftform (d.h. im Original unterschrieben) in den Nachtbriefkasten des Gerichts |
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rechtzeitige Abgabe des Dokuments in Schriftform (d.h. im Original unterschrieben) bei Gericht (Poststelle/Geschäftsstelle) |
Rz. 5
In diesem Kapitel wird die bisherige – und neuere Rechtsprechung zu dieser schriftlichen Einreichung gem. § 130 Nr. 6a ZPO in einigen Punkten aufgegriffen. Dabei wird der Fokus auf einige Schwerpunkte, wie z.B. die Anforderungen an eine Unterschrift, die Einreichung per Fax oder per Mail und die Anforderungen bei Einsatz von Mitarbeitern einer Kanzlei, gelegt.
B. Herkömmliche Unterschrift bei Ersatzeinreichung
I. Gesetzliche Anforderung bei schriftlicher Einreichung
Rz. 6
Die Unterschrift soll "die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen" und gleichzeitig "sicherstellen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist", es sich somit nicht nur um einen Entwurf handelt.
Rz. 7
Da in den Fällen der vorübergehenden technischen Unmöglichkeiten nach den Verfahrensordnungen, vgl. dazu nur beispielhaft § 130d S. 2 ZPO, die "herkömmliche" Einreichung als Ersatzeinreichung zulässig bleibt, ist dieser herkömmlichen Einreichung ein eigenes Kapitel gewidmet. Denn es hat in den vergangenen Jahren recht umfangreiche Rechtsprechung z.B. zur Frage der Wirksamkeit von Unterschriften gegeben, die man für die Fälle der Ersatzeinreichung kennen sollte.
Rz. 8
Das Schriftformerfordernis (Originalunterschrift) des Prozessbevollmächtigten ergibt sich aus verschiedenen Bestimmungen. Nur beispielhaft:
Zitat
§ 130 ZPO – Inhalt der Schriftsätze
"Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:"
[...]
6. die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.“
Zitat
§ 46 ArbGG – Grundsatz
[...]
"(2) 1Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt."
Rz. 9
Bei der schriftlichen Einreichung eines Schriftsatzes nach § 130 ZPO kommt es entscheidend auf die Unterschrift des Anwalts an, die eigenhändig vorzunehmen ist, § 130 Nr. 6 ZPO. Nicht immer sind die geleisteten Unterschriften der Anwälte hinreichend lesbar. Schon mehrfach musste der BGH über die Frage der Leserlichkeit einer anwaltlichen Unterschrift entscheiden. Die Fax-Übermittlung zählt nach dem Verfahrensrecht zur schriftlichen Einreichung, nicht zur elektronischen, weshalb diese beiden Arten der Einreichung auch nicht miteinander verwechselt werden dürfen. Denn natürlich ist das Fax-Gerät ein elektronisches Mittel; bei der Einreichung von Schriftsätzen ist es aber der schriftlichen Einreichung zugeordnet. Soweit die Einreichung per Fax im Rahmen einer Ersatzeinreichung infrage kommt, wird auf die umfangreichen Ausführungen unter Rdn 127 ff in diesem Kapitel verwiesen.
II. BGH-Rechtsprechung zur eigenhändigen Unterschrift
Rz. 10
Zitat
"a) Der Schriftzug eines Rech...