A. Mittel der Nachlasssicherung
Rz. 1
Fehlt es an einer post- oder transmortalen Vollmacht und ist auch noch kein Erbe ermittelt, können nachlasssichernde Maßnahmen erforderlich sein. § 1960 Abs. 1 BGB verpflichtet das Nachlassgericht, für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen ist oder der Erbe unbekannt ist oder die Annahme der Erbschaft ungewiss ist. Bis zur Ermittlung der Erben bzw. bis diese sich legitimieren können, kommen für das Nachlassgericht nachlasssichernde Maßnahmen in Betracht.
I. Anlegen von Siegeln
Rz. 2
Das Anlegen von Siegeln wird vom Rechtspfleger (von Amts wegen oder auf Antrag) angeordnet. Er kann dazu andere Organe beauftragen. Maßgebend dafür ist das Landesrecht.
Die Anfertigung eines Protokolls ist erforderlich.
Rz. 3
Muster 16.1: Antrag auf Versiegelung
Muster 16.1: Antrag auf Versiegelung
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Nachlasssache _________________________
Hiermit zeige ich die Vertretung des Herrn _________________________ an.
Gemäß der dem Gericht vorliegenden letztwilligen Verfügung des Erblassers vom _________________________ wurde Herr _________________________ Alleinerbe. Herr _________________________ hat keinen Zugang zur Wohnung des Erblassers. Da sich in der Wohnung diverse Wertgegenstände befinden und zahlreiche Personen, wie Nachbarn und Freunde des Erblassers, über Schlüssel verfügen, ist eine Versiegelung der Wohnung angezeigt. Der Alleinerbe ist nicht in der Lage, Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Er befindet sich zurzeit berufsbedingt in den USA.
Um die Entfernung von Nachlassgegenständen zu verhindern, beantrage ich die Versiegelung der Wohnung des Erblassers in der _________________________ Straße.
Rechtsanwalt
Rz. 4
Soll die versiegelte Wohnung nach Unterlagen, Wertsachen etc. durchsucht werden, kann auch die Entsiegelung mit anschließender "Wiederversiegelung" angeordnet werden.
Rz. 5
Muster 16.2: Beschluss Entsiegelung
Muster 16.2: Beschluss "Entsiegelung"
Beschluss
Die Entsiegelung der Wohnung des _________________________ wird angeordnet.
Sicherzustellen sind Wertgegenstände, aktuelle Bankunterlagen, Sparbücher, Kontoauszüge, Bankkarten und Versicherungsunterlagen (insbesondere die aktuelle Brandversicherungsurkunde).
Anschließend ist die Wohnung wieder zu versiegeln und ein Protokoll über den Vorgang für das Nachlassgericht zu fertigen. Dies ist mit der Feststellung zu versehen, ob die Siegel unversehrt waren.
Rechtspflegerin
II. Die amtliche Inverwahrungnahme von Nachlassgegenständen
Rz. 6
Die amtliche Inverwahrungnahme kommt beispielsweise bei Schmuck, Bargeld, Wertpapieren oder kleineren Gegenständen von besonderem Wert in Betracht. Die Ablieferung kann nach den allgemeinen Vollstreckungsvorschriften, §§ 88 ff. FamFG, erzwungen werden. Die Durchführung bestimmt sich nach den Hinterlegungsgesetzen der Länder.
III. Die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses
Rz. 7
Ein Nachlassverzeichnis ist erforderlich, wenn, z.B. zur Fortführung eines Betriebes, Feststellungen zum Bestand der Aktiva zum Stichtag zu treffen sind. Seine Form bestimmt sich nach § 2001 BGB. Eine Wertangabe der einzelnen Nachlassgegenstände ist nicht erforderlich. Das Verzeichnis wird bei den Nachlassakten des Nachlassgerichts aufbewahrt.
IV. Kontensperrung
Rz. 8
Möglich ist auch eine Kontensperrung oder die Anweisung des Nachlassgerichts an die Geldinstitute, die Beerdigungskosten zu begleichen.
V. Sonstige Sicherungsmittel
Rz. 9
Als weitere Sicherungsmittel kommen die Bestellung eines Hauswächters, die Anordnung des Verkaufs verderblicher Sachen oder eine Postsperre in Betracht.
VI. Kosten der Sicherung
Rz. 10
Die Sicherungsmaßnahmen lösen eine 0,5 Gerichtsgebühr aus der Tabelle A nach KV 12310 GNotKG aus. Daneben können Auslagen erhoben werden, KV 31000 ff. GNotKG.
B. Nachlasspflegschaft
Rz. 11
Die Nachlasspflegschaft ist eine Nachlasssache nach § 342 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. Zugleich ist sie aber auch als Pflegschaft eine "betreuungsrechtliche Zuweisungssache" gemäß § 340 Nr. 1 FamFG. Sie kommt in Betracht, wenn ein Bedürfnis für die Sicherung des Nachlasses besteht, § 1960 Abs. 1 BGB, insbesondere wenn der Erbe unbekannt ist oder Ungewissheit über die Annahme der Erbschaft besteht, § 1960 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Nachlasspflegschaft stellt eine wirkliche Pflegschaft im Sinne der §§ 1809 ff. BGB (§§ 1909 ff. BGB a.F.) dar. Der Nachlasspfleger ist dabei gesetzlicher Vertreter des noch unbekannten Erben und nicht Amtsträger wie der Testamentsvollstrecker oder der Nachlassverwalter. Das Nachlassgericht tritt funktional an die Stelle des Betreuungsgerichts, § 1962 BGB.
Voraussetzung für eine Nachlasspflegschaft sind ein Sicherungsanlass und ein Sicherungsbedürfnis.
I. Sicherungsbedürfnis
Rz. 12
Über das Vorhandensein eine...