Rz. 182
Der Verkauf einer Nachlassimmobilie stellt eine Verfügung i.S.d. § 2040 BGB dar. Nach der Rechtsprechung des BGH sollen Verfügungen durch die Mehrheit der Erben zulässig und mitwirkungspflichtig sein, wenn diese zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind.
Mit seinem Urteil vom 28.9.2005 hat der BGH entschieden, dass zu den mitwirkungspflichtigen Verwaltungsmaßnahmen gemäß § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB auch grundsätzlich Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände zählen. Dabei müsse neben der Ordnungsmäßigkeit die Erforderlichkeit einer solchen Verwaltungsmaßnahme durch besondere Umstände belegt sein, um eine Mitwirkungspflicht zu begründen. Was diese "besonderen Umstände" sind oder sein können, lässt der BGH in seiner Entscheidung offen. Mit dem Widerspruch seiner Auffassung zur Regelung des § 2040 BGB hat sich der BGH nur unzureichend auseinandergesetzt (Einzelheiten hierzu siehe § 4 Rdn 80 f.).
Rz. 183
Unter den Begriff der gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses i.S.d. § 2038 Abs. 1 BGB fallen nach dem BGH unter Verweis auf seine frühere Rechtsprechung alle Maßregeln zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzungen und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten.
Rz. 184
Eine Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung liegt vor, wenn der Nachlass als solches durch die Verfügung über die Immobilie keine wesentliche Veränderung erfährt. Der BGH stellt in seinem Urteil klar, dass für die Wesentlichkeit der Veränderung auf den gesamten Nachlass und nicht auf einzelne Nachlassgegenstände abzustellen sei. Eine wesentliche Veränderung des Nachlasses setze voraus, dass durch die Verwaltungsmaßnahme die Zweckbestimmung oder Gestalt des Nachlasses in einschneidender Weise geändert werden würde. Eine wesentliche Veränderung des Nachlasses durch den Verkauf einer von mehreren Nachlassimmobilien hat der BGH verneint. Mit dem Verkauf eines Grundstücks wäre im Wege der dinglichen Surrogation der Verkaufserlös an die Stelle der Immobilie getreten, der Verkauf hätte nur die Zusammensetzung verändert, ohne den Substanzwert des Nachlasses zu mindern. Der BGH führt aus:
Zitat
"Vor diesem Hintergrund stellt sich die geplante Veräußerung eines von mehreren Nachlassgrundstücken als bloße Umstrukturierung des Gesamtnachlasses dar, mit der lediglich das ursprünglich bestehende etwa gleichwertige Verhältnis von Barvermögen und Grundbesitz zugunsten des Barvermögens verschoben werden sollte. [...] Zum Nachlass gehörten mehrere Immobilien; das streitgegenständliche Ferienhaus hat ihm also nicht das maßgebliche Gepräge geben können."
Rz. 185
Weiter führte der BGH aus, dass der einzelne Miterbe den Entzug der konkreten Nutzungsmöglichkeit durch den Verkauf einer bestimmten Immobilie hinzunehmen habe, da die §§ 2038 Abs. 2 S. 1, 745 Abs. 3 S. 2 BGB nur die Nutzungsquote aber nicht die reale Eigennutzung garantierten.
Rz. 186
Mit der Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht wies der BGH vorsorglich darauf hin, dass die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltungsmaßnahme aus objektiver Sicht zu beurteilen ist und hinsichtlich des geplanten Verkaufs des Grundstückes insbesondere die Wirtschaftlichkeit des Verkaufs der Immobilie gegenüber dem weiteren Leerstand oder der Möglichkeit der Sanierung, Vermietung oder Übernahme der Immobilie durch einen Miterben zu berücksichtigen sei. Die sich anschließend ggf. stellende Frage der Erforderlichkeit der Verwaltungsmaßnahme sei danach zu beantworten, ob ohne den beabsichtigten Verkauf eine wirtschaftliche Beeinträchtigung des Nachlasswertes zu besorgen gewesen wäre.