aa) Maßnahmen der notwendigen Verwaltung
Rz. 174
Ist eine Verwaltungsmaßnahme zur Erhaltung des Nachlasses notwendig, kann ein Miterbe allein handeln, § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB (Einzelverwaltung). An dieses Notverwaltungsrecht der Miterben sind strenge Anforderungen zu stellen. Zur Erhaltung des Nachlasses notwendige Maßnahmen können nur solche Maßnahmen sein, die auch der ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses dienen. Durch die Notmaßnahme darf die Zweckbestimmung und die Gestalt des Nachlasses nicht wesentlich geändert werden. Zudem muss bei Nichtvornahme der Maßnahme dem Nachlass ein Schaden entstehen oder ernstlich drohen. Dabei genügt es nicht, dass die Maßnahme für den Nachlass nützlich ist.
Hinweis
Ob eine Verwaltungsmaßnahme zur Erhaltung des Nachlasses notwendig ist, muss vom Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Betrachters beurteilt werden. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Vornahme der Handlung.
Rz. 175
Werden durch die Verwaltungsmaßnahme erhebliche Verpflichtungen für den Nachlass begründet, kann die Maßnahme nur dann als notwendig im Sinne des § 2038 BGB angesehen werden, wenn sie so dringend ist, dass die Zustimmung der anderen Miterben nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden kann. Wirkt sich eine Maßnahme nur unbedeutend auf den Nachlass aus, kann sie notwendig im Sinne des § 2038 BGB sein, auch wenn sie ohne Gefahr aufgeschoben werden könnte, bis die anderen Miterben ihre Zustimmung erteilt haben.
bb) Grenzen der notwendigen Verwaltung
Rz. 176
Das Recht zur Notverwaltung darf nicht dazu dienen, den Willen der Mehrheit der Erbengemeinschaft zu übergehen. Daher darf eine Maßnahme von einem einzelnen Miterben nicht vorgenommen werden, wenn die Miterben diese mehrheitlich ablehnen, es sei denn die Sachlage hat sich inzwischen erheblich geändert.
Jeder einzelne Miterbe ist verpflichtet, unaufschiebbare Notverwaltungsmaßnahmen durchzuführen. Überschreitet ein Miterbe sein Notverwaltungsrecht hat er für die sich daraus ergebenden Folgen persönlich einzustehen.
Rz. 177
Notverwaltungsmaßnahmen hinsichtlich einer Immobilie können insbesondere sein:
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unaufschiebbare Instandsetzungs- und Reparaturmaßnahmen an einem Hausgrundstück |
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Klage und Beschwerde im Flurbereinigungsverfahren |
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Klage gegen die Inanspruchnahme eines Nachlassgrundstücks durch den Wasserwirtschaftsverband |
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Klage gegen einen Enteignungsbeschluss |
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Beschwerde gegen die Ablehnung der Löschung eines Hofvermerks |
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Anfechtung eines WEG-Versammlungsbeschlusses |
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Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss |
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Abwehr der Zwangsvollstreckung in das Grundstück |
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Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan. |
Rz. 178
Keine Notverwaltungsmaßnahmen hingegen sind:
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umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen an einem Haus, die nicht aus den Mitteln des Nachlasses zu finanzieren sind |
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der Wiederaufbau eines zerstörten Hauses |
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das Verlangen einer Mieterhöhung |
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der Abschluss eines mehrjährigen Mietvertrags |
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Die Beantragung eines Erbscheins. |