Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 249
Die sofortige Beschwerde findet nach § 793 ZPO statt gegen die
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Entscheidungen |
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im Zwangsvollstreckungsverfahren, |
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die ohne mündliche Verhandlung ergehen können (vgl. hierzu § 128 Abs. 4 ZPO). |
Rz. 250
Mit der Voraussetzung, dass es sich um eine Entscheidung handeln muss, wird die sofortige Beschwerde zur Erinnerung nach § 766 ZPO abgegrenzt. Mit der weiteren Voraussetzung, dass es sich um eine Entscheidung im Zwangsvollstreckungsverfahren handeln muss, wird die Abgrenzung zu den Rechtsmitteln bei der Verweigerung oder gegen die erteilte Vollstreckungsklausel manifestiert. Ob eine mündliche Verhandlung tatsächlich stattgefunden hat oder nicht, ist unerheblich. Maßgeblich ist allein, ob die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung hätte ergehen können. Damit scheidet die sofortige Beschwerde als Rechtsmittel dort aus, wo eine solche Verhandlung zwingend erforderlich ist, wie etwa bei der Vollstreckungsgegenklage, der Drittwiderspruchsklage oder der Klage auf vorzugsweise Befriedigung.
Rz. 251
Checkliste: Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde
Die sofortige Beschwerde ist danach statthaft:
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gemäß § 11 RPflG i.V.m. § 793 ZPO gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers in seiner Funktion als Vollstreckungsgericht |
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gegen eine Entscheidung des Richters im Zwangsvollstreckungsverfahren, insbesondere seine Entscheidungen über Erinnerungen nach § 766 ZPO sowie solche Entscheidungen, die nach §§ 5, 6 RPflG der Richter an Stelle des Rechtspflegers getroffen hat |
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gegen die Entscheidung des Richters nach § 758a ZPO |
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gegen Entscheidungen des Prozessgerichts, soweit dieses nach den §§ 887, 888, 890 ZPO als Vollstreckungsorgan tätig geworden ist |
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gegen die Entscheidungen des Insolvenzgerichts als Vollstreckungsgericht nach § 36 Abs. 4 InsO oder § 89 Abs. 3 InsO. |
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Gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts über eine Erinnerung gegen die Art und Weise der Herausgabevollstreckung aus einem Eröffnungsbeschluss findet ebenfalls die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO statt. |
Rz. 252
Hinweis
Soweit der Rechtspfleger eine Entscheidung im Zusammenhang mit der Eintragung der Zwangssicherungshypothek nach §§ 867, 868 ZPO bzw. der Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs nach § 895 ZPO getroffen hat, wird die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO durch die Beschwerde nach § 71 GBO verdrängt.
Im Verfahren der Zwangsversteigerung sind die Besonderheiten nach §§ 95 bis 104 ZVG zu beachten.
Rz. 253
In einzelnen Fällen ist die sofortige Beschwerde allerdings kraft Gesetzes ausgeschlossen. So findet keine sofortige Beschwerde statt, wenn:
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die Zwangsvollstreckung gem. § 707 Abs. 1 ZPO nach dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, nach dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder der Fortsetzung des Verfahrens nach einem Vorbehaltsurteil einstweilen eingestellt wird oder dieser Antrag abgelehnt wird, § 707 Abs. 2 ZPO, |
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die Zwangsvollstreckung nach §§ 766 Abs. 1 S. 2, 769, 771 Abs. 3 ZPO eingestellt wird, |
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es sich um eine Entscheidung nach § 813b Abs. 1 bis 3 ZPO wegen der Aussetzung der Verwertung handelt, |
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es sich um eine Erinnerungsentscheidung nach § 766 Abs. 2 ZPO über die Kosten handelt und diese den Betrag von 200,00 EUR, nicht übersteigen, § 567 Abs. 2 ZPO, HinweisEine Entscheidung über die Kosten im Sinne des § 567 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor, wenn darüber zu entscheiden ist, ob der Gerichtsvollzieher mit Recht die Vollstreckung einer Hauptforderung verweigert hat, weil er im Gegensatz zum Gläubiger der Auffassung ist, eine außerhalb der Zwangsvollstreckung erfolgte Zahlung des Schuldners habe dessen nicht zur Vollstreckung angemeldete Kostenforderung nicht getilgt. |
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die Entscheidung in der Sache nur wegen der Entscheidung über die Kosten angefochten werden soll, § 91 ZPO. |
Rz. 254
Besonderheiten ergeben sich in Zusammenhang mit den Familienstreitsachen. Die Vollstreckung in Ehe- und Familienstreitsachen erfolgt nach der Zivilprozessordnung, sodass in diesen Verfahren auch § 793 ZPO Anwendung findet. Dies gilt grundsätzlich auch in anderen Familien- und FG-Sachen, sofern die Voraussetzungen des § 95 Abs. 1 FamFG vorliegen. Nur in den übrigen Sachen kommt nicht § 793 ZPO, sondern § 87 Abs. 4 FamFG zur Anwendung.