Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 240
Im Erinnerungsverfahren ist grundsätzlich eine eigene Kostenentscheidung nach den §§ 91 ff. ZPO zu treffen. Eine Anwendung von § 788 ZPO, dahingehend, dass immer der Schuldner die Kosten des Erinnerungsverfahrens nach § 766 ZPO zu tragen hat, dürfte nicht in Betracht kommen. Auch im Rahmen von § 766 Abs. 2 ZPO ist eine Kostenentscheidung zu Lasten des Schuldners möglich. Soweit aus früheren Entscheidungen anderes entnommen werden könnte, hat der BGH diese Auffassung ausdrücklich aufgegeben. Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Gerichtsvollziehers ist dagegen nicht möglich, was nicht ausschließt, dass eine Haftung des anstellenden Bundeslandes nach § 839 BGB in Betracht zu ziehen ist.
Rz. 241
Besonderheiten ergeben sich im einseitigen Erinnerungsverfahren, d.h. wenn der Schuldner nicht beteiligt ist. Eine unmittelbare Kostenentscheidung gegen eine nicht beteiligte Person ist nicht möglich. Der Gläubiger trägt also zunächst die Kosten des einseitigen Erinnerungsverfahrens. Würde dies dem abschließenden Ergebnis entsprechen, würde übersehen, dass der Schuldner mittelbar durch seine Nichtleistung auch dieses Verfahren veranlasst hat. Deshalb zieht die Rechtsprechung § 788 ZPO heran und hält den Schuldner nach dieser Vorschrift für verpflichtet, die Kosten zu tragen. Es handelt sich bei § 788 Abs. 1 ZPO um eine umfassende Kostenregelung, die als prozessualer Kostenerstattungsanspruch Ausdruck der grundsätzlichen Schadensersatzverpflichtung des Schuldners wegen des eingetretenen Verzuges ist. Diese Regelung kann nur durch spezialgesetzliche Regelungen, etwa die Kostengrundentscheidung in einem Urteil oder einem Beschluss auf der Grundlage der §§ 91 ff. ZPO, verdrängt werden. Fehlt es hieran, lebt die Grundregel wieder auf. Es hat also im Erinnerungsverfahren eine Kostengrundentscheidung zu unterbleiben und der Gläubiger macht seine Kosten nach § 788 ZPO mittelbar gegenüber dem Schuldner geltend.
Rz. 242
Hat der Gläubiger nicht durch sein Verhalten Anlass zur Einlegung der Erinnerung gegeben, liegen die Gründe für die Erinnerung gegen die an sich gerechtfertigte Vollstreckungsmaßnahme vielmehr ausschließlich in der Sphäre des Schuldners und werden diese nach Bekanntwerden vom Gläubiger sofort anerkannt, sind die Kosten der Vollstreckungserinnerung nach § 93 ZPO allein dem Schuldner aufzuerlegen. Erklärt etwa der Gläubiger auf die Erinnerung des Schuldners umgehend sein Einverständnis zur Freigabe der Sozialleistungen, so hat der Schuldner gemäß § 93 ZPO die Verfahrenskosten zu tragen.
Rz. 243
Für das Erinnerungsverfahren fallen mangels gesetzlicher Bestimmung keine Gerichtsgebühren an. Allerdings sind die gerichtlichen Auslagen, insbesondere die Zustellungskosten und Kosten von Ermittlungsmaßnahmen nach Nr. 9000 ff. KV GKG zu erheben.
Rz. 244
Die bis zur 2. Auflage hier vertretene Auffassung, dass der Rechtsanwalt, der für den Schuldner, den betreibenden Gläubiger, einen sonstigen Gläubiger oder einen sonstigen Dritten Erinnerung nach § 766 ZPO einlegt, die 0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG auch dann erhält, wenn er im Übrigen im Vollstreckungsverfahren tätig war, hat der Gesetzgeber mit dem zum 1.1.2007 in Kraft getretenen 2. Justizmodernisierungsgesetz verworfen. Durch eine Änderung von § 19 Abs. 2 Nr. 2 RVG hat er gesetzgeberisch angeordnet, dass die Erinnerung nach § 766 ZPO zum Rechtszug im Sinne des § 18 Nr. 1, 3 RVG gehört, d.h. mit der Verfahrensgebühr im Vollstreckungsverfahren nach Nr. 3309 VV RVG abgegolten ist. Dies wird zwar dem tatsächlichen zusätzlichen Aufwand und auch dem Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes nicht gerecht, muss im Ergebnis aber als gesetzgeberische Entscheidung hingenommen werden.
Rz. 245
Beachtet werden muss, dass auch der Rechtsanwalt, der nicht mit der Durchführung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme, sondern allein mit der Erinnerung nach § 766 ZPO beauftragt wurde, nicht die volle Gebühr der Nr. 3500 VV RVG erhält. Ebenfalls mit dem 2. JuModG ist § 15 Abs. 6 RVG neu gefasst worden: Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 RVG zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde. D.h. der allein mit der Erinnerung beauftragte Rechtsanwalt erhält lediglich eine 0,3 Verfahrensgebühr bei Erinnerungen in der Mobiliarzwangsvollstreckung und eine 0,4 Verfahrensgebühr bei Erinnerungen in der Immobiliarzwangsvollstreckung.
Rz. 246
Über die Verfahrensgebühr hinaus kann die Terminsgebühr nach Nr. 3504 VV RVG unter den vorstehenden Einschränkungen der §§ 19 Abs. 2 und 15 Abs. 6 RVG entstehen.
Rz. 247
Weiterhin erhält der Rechtsanwalt die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG und die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG.