Dr. K. Jan Schiffer, Christoph Schürmann
Rz. 22
Nach § 80 Abs. 2 S. 1 BGB ist zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts neben dem Stiftungsgeschäft (§ 81 BGB) die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll. Die Stiftung ist nach § 82 S. 1 BGB anzuerkennen ("Recht auf Stiftung"), wenn
▪ |
das Stiftungsgeschäft den Anforderungen des § 81 Abs. 1–3 BGB genügt, |
▪ |
die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint und |
▪ |
die Stiftung das Gemeinwohl nicht gefährdet. |
Rz. 23
Dem Stifterwillen wird dadurch besonderes Gewicht beigemessen, dass für Stiftungen alle gemeinwohlkonformen Zwecke zulässig sind (§ 82 S. 1 BGB a.E.: "… es sei denn, die Stiftung würde das Gemeinwohl gefährden."). Bis zur Grenze der Gemeinwohlgefährdung darf eine Stiftung jeden beliebigen privatnützigen Zweck verfolgen und jede beliebige privatnützige Ausrichtung haben. Es muss insb. nicht eine Familienstiftung, eine unternehmensverbundene Stiftung oder gar eine wegen Gemeinnützigkeit steuerbefreite Stiftung sein, sondern es kann auch eine allgemein privatnützige Stiftung sein. Das Gesetz kennt hier keine Zweckvorgaben, wie man sie früher vereinzelt im Landesstiftungsrecht fand, wonach z.B. unternehmensverbundene Stiftungen nicht genehmigungsfähig sein sollten.
Rz. 24
Hinweis
Eine Vielzahl von Stiftungszwecken in der Satzung einer steuerbegünstigten Stiftung, die nicht alle gleichzeitig oder auch nicht aktuell erfüllt werden, können in der Praxis – zumindest aus Sicht der Finanzverwaltung – ein Problem darstellen. Man spricht hier von Vorratszwecken, die ggf. vorsorglich in die Satzung geschrieben werden, weil sich eine Stiftungssatzung eben nicht ganz einfach ändern lässt, die Stiftung aber dauernd und nachhaltig die Stiftungszwecke erfüllen soll. Die aus der Praxis bekanntesten Gestaltungen dieser Art sind die Bürgerstiftungen (siehe Rdn 134 ff.), bei denen man nicht selten alle 26 Zwecke aus § 52 AO und dazu die Mildtätigkeit nach § 53 AO gleichzeitig in der Satzung aufgelistet findet.
Während das bei Bürgerstiftungen nach unseren Erfahrungen allseits – auch von der Finanzverwaltung – akzeptiert wird, ist dies bei der "normalen" steuerbegünstigten Stiftung leider oft nicht der Fall. Es wird hier z.B. gefordert, dass innerhalb eines dreijährigen Überwachungszeitraums sämtliche Satzungszwecke erkennbar zu verfolgen seien. So verlangen die Behörden mitunter schon bei einer Vorprüfung zur Stiftungserrichtung die Verringerung vermeintlich "zu vieler" Zwecke oder sie fordern bei bestehenden Stiftungen Satzungsänderungen zur Streichung aktuell nicht geförderter Zwecke.
Eine tragfähige Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen findet sich allerdings weder im Steuer- noch im Zivilrecht. Die Ansicht zu einem angeblichen Verbot von Vorratszwecken sollte mithin seitens der Finanzverwaltung noch einmal gründlich überdacht werden.
Rz. 25
Bei dem Stiftungsgeschäft ist zwischen einem solchen unter Lebenden und dem Stiftungsgeschäft von Todes wegen zu unterscheiden, worauf sogleich gesondert näher eingegangen wird. In den meisten Fällen wird eine Stiftung zu Lebzeiten des Stifters errichtet.
Rz. 26
Sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen können Stifter sein. So können etwa auch Stiftungen wiederum Stiftungen, d.h. "Unterstiftungen", errichten. Der Stifter muss unbeschränkt geschäftsfähig sein. Er ruft durch Vorgabe des Stiftungszwecks und durch Übertragung von Vermögen auf die Stiftung zu Lebzeiten oder von Todes wegen seine Stiftung ins Leben. Durch das Stiftungsgeschäft und die Satzung drückt er seinen Stifterwillen aus, der über die Stiftungssatzung für die Stiftung auch nach seinem Tode bestimmend bleibt. Das Stiftungsgeschäft muss der Stifter nicht höchstpersönlich vornehmen, er kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Auch mehrere Stifter können die Stiftung gemeinsam errichten – in einer Urkunde oder durch gesonderte Erklärungen.
Rz. 27
Das Stiftungsgeschäft ist als einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung grundsätzlich bedingungsfeindlich, denn jede Unsicherheit über die Existenz der Stiftung muss im Interesse des Rechtsverkehrs vermieden werden. Eine nur bedingt entstandene Stiftung gibt es nicht. Nicht möglich wäre also etwa die Errichtung einer Stiftung für den Fall des Eintritts eines bestimmten Ereignisses.
Rz. 28
Beispiel
Nicht möglich ist die Errichtung einer Stiftung unter der Bedingung, dass Enkel des Stifters geboren werden.
Rz. 29
Nach § 81 Abs. 3 BGB bedarf das Stiftungsgeschäft unter Lebenden der schriftlichen Form, wenn nicht in anderen Vorschriften ausdrücklich eine strengere Form als die schriftliche Form vorgeschrieben ist. Die Stiftungsurkunde ist eigenhändig von dem Stifter oder den Stiftern zu unterschreiben oder (optional) notariell zu beurkunden. Ob die einfache Schriftform auch dann genügt, wenn im Stiftungsgeschäft die ansonsten notariell zu beurkundende Übertragung von Grundstücken oder von Ge...