Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 540
Die BFH hat zu vGA aufgrund des Verstoßes gegen ein zivilrechtliches Wettbewerbsverbot des GGF in vielen Entscheidungen Stellung genommen (BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, DStR 1995, 1873; BFH v. 12.10.1995, DStR 1996, 337; BFH v. 22.11.1995, BFH/NV 1996, 645; BFH v. 11.6.1996, BB 1996, 2394; BFH v. 13.11.1996, BB 1997, 508: BFH v. 18.12.1996, DStR 1997, 575). Die genannten Urteile sind zwar zur Einmann-Kapitalgesellschaft ergangen, haben jedoch auch zur Klärung der Rechtslage bei Mehrpersonen-Kapitalgesellschaften beigetragen.
Rz. 541
Danach liegt eine Verletzung des Wettbewerbsverbotes vor, wenn der beherrschende Gesellschafter oder der GGF im Geschäftszweig der Gesellschaft ohne Erlaubnis Geschäfte für eigene Rechnung macht. Bei einer Verletzung des Wettbewerbsverbotes steht der Gesellschaft ein Anspruch auf Schadensersatz oder auf Herausgabe des erlangten Vorteiles zu. Verzichtet die Gesellschaft ggü. dem GGF (BFH v. 11.2.1981, BStBl II 1981, 448) oder dem nicht geschäftsführenden beherrschenden Gesellschafter (BFH v. 26.4.1989, BStBl II 1989, 673) auf diesen Anspruch, so liegt eine vGA vor. Dasselbe gilt für die Konkurrenztätigkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft, der im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter nahestehende Person ist (BFH v. 11.2.1987, BStBl II 1987, 461).
Rz. 542
Die Gesellschaft kann dem beherrschenden Gesellschafter und dem Geschäftsführer eine Konkurrenztätigkeit in ihrem Geschäftszweig durch Vereinbarung gestatten. Eine vGA wird bei einer Konkurrenztätigkeit aufgrund einer solchen Vereinbarung jedoch nur dann vermieden, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
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Die Befreiung vom Wettbewerbsverbot muss eine klare und eindeutige Aufgabenabgrenzung zwischen der Gesellschaft auf der einen Seite und dem beherrschenden Gesellschafter oder dem Geschäftsführer auf der anderen Seite enthalten, die eine spätere willkürliche Zuordnung der Geschäfte unmöglich macht. |
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Die Vereinbarung muss zivilrechtlich wirksam im Voraus getroffen sein. Das ist der Fall, wenn die Befreiung des beherrschenden Gesellschafters vom Wettbewerbsverbot entweder in der ursprünglichen Satzung enthalten ist oder durch späteren satzungsändernden Beschluss in sie aufgenommen worden ist. Mit dem Geschäftsführer kann das Wettbewerbsverbot im Anstellungsvertrag, dem die Mehrheit der Gesellschafter (nach Stimmrechten) zugestimmt haben muss, wirksam abbedungen werden. Bei beherrschenden GGF muss die Befreiung vom Wettbewerbsverbot in der Satzung vereinbart werden; die Aufnahme in den Anstellungsvertrag ist nicht erforderlich. |
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Es muss eine angemessene Gegenleistung vereinbart werden, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer die Befreiung vom Wettbewerbsverbot im Interesse der Gesellschaft nicht unentgeltlich erteilen würde. Ein angemessenes Entgelt muss insb. vereinbart werden, wenn die konkurrierende Tätigkeit des beherrschenden Gesellschafters oder des Geschäftsführers auf einem Teilbereich des Unternehmensgegenstandes erlaubt wird, auf dem die Gesellschaft bereits ihre Tätigkeit entfaltet hat, die sich der beherrschende Gesellschafter oder der Geschäftsführer zunutze machen kann. Bei der Neugründung einer Gesellschaft kann eine unentgeltliche Befreiung vom Wettbewerbsverbot erfolgen. |
Rz. 543
In Abweichung zur älteren Rspr. des BFH ist nach der "Geschäftschancen"-Rspr. die bloße Tätigkeit des Gesellschafters für eigene Rechnung im Unternehmensgegenstand der Gesellschaft allein nicht ausreichend, um eine vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG anzunehmen (BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, DStR 1995, 1873; BFH v. 12.10.1995, DStR 1996, 337; BFH v. 22.11.1995, BFH/NV 1996, 645; BFH v. 11.6.1996, BB 1996, 2394; BFH v. 13.11.1996, BB 1997, 508; BFH v. 18.12.1996, DStR 1997, 575; BFH v. 12.6.1997, DStR 1997, 1360; BFH v. 24.3.1998, DStR 1998, 1354). Es bedarf vielmehr einer konkreten Überprüfung im Einzelfall, ob der fragliche Geschäftsvorfall für die Gesellschaft eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung nach sich zieht.
Rz. 544
Im Einzelnen ist aufgrund der Rspr. wie folgt zu unterscheiden:
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Eine vGA kann gegeben sein, wenn die Gesellschaft auf eine zivilrechtlich durchsetzbare Schadensersatzforderung gegen den GGF endgültig verzichtet. |
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Unabhängig von dem Vorliegen eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches kann eine vGA vorliegen, wenn der GGF Informationen oder Geschäftschancen nutzt, für deren Überlassung ein fremder Dritter ein Entgelt gezahlt hätte; eine vGA würde in diesem Fall i.H.d. angemessenen Entgeltes vorliegen. |
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Eine vGA kann möglicherweise auch darin liegen, dass der GGF als Subunternehmer der Gesellschaft gegen ein Sonderentgelt tätig wird, obwohl die Gesellschaft diese Tätigkeit mit eigenen Personal- und Sachmitteln hätte durchführen können (BFH v. 12.10.1995 – I R 155/94, DStR 1996, 337). |
Rz. 545
Hinweis
Der Anstellungsvertrag eines GGF samt der Regelung über die Vergütung bedarf der eingehenden rechtlichen und steuerlichen Beratung und Feinjustier...