Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 488
Um GGF einer Gesellschaft einen besonderen Anreiz zu geben, durch hohe persönliche Leistungen hohe Gewinne der Gesellschaft zu erwirtschaften, wird ihnen i.d.R. neben einem festen Gehalt eine erfolgsabhängige Vergütung (Tantieme) gezahlt. Aus steuerrechtlicher Sicht ist bei der Vereinbarung einer solchen Tantieme Folgendes zu beachten.
aa) Anerkennung einer Tantieme dem Grunde nach
Rz. 489
Die Tantiemevereinbarung muss so umschrieben sein, dass sie allein durch Rechenvorgänge zu ermitteln ist, sog. Rechenformelprinzip. Tantiemevereinbarungen, die unter dem Vorbehalt einer anderweitigen Festsetzung durch die Gesellschafterversammlung stehen, führen zu einer vGA (BFH v. 29.4.1992, BStBl II 1992, 851). Die Bemessungsgrundlage muss genau definiert sein (z.B. handelsrechtlicher Jahresüberschuss, Verrechnung mit Verlustvorträgen, Berücksichtigung außerordentlicher Erträge und Aufwendungen). Der BFH akzeptiert allerdings, dass auch bei Aufstellung der Handels- bzw. Steuerbilanz Ermessensentscheidungen (z.B. bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern, der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen, der Bildung von Rückstellungen) einfließen und die Höhe der Tantieme beeinflussen (BFH v. 30.1.1985, BStBl II 1985, 345).
Rz. 490
Schließlich ist darauf zu achten, dass die Tantiemevereinbarung rechtzeitig getroffen wird. Tantiemen werden für die Leistung des GGF in einem abgelaufenen Geschäftsjahr gezahlt. Die Zahlung erfolgt i.d.R. einmal jährlich, und zwar nach Feststellung des Jahresüberschusses des Bezugsjahres. Die Tantiemevereinbarung muss deshalb vor Beginn des Geschäftsjahres geschlossen werden, auf die sich die Tantieme sachlich bezieht. Wird die Vereinbarung zwar vor Zahlung der Tantieme, aber im Laufe des Geschäftsjahres, für das die Tantieme gezahlt werden soll, geschlossen, so qualifiziert der BFH den Teil der Tantieme, der auf die Zeit vor Abschluss der Vereinbarung entfällt, in voller Höhe als vGA (BFH v. 10.7.1974, BStBl II 1974, 719; BFH v. 11.12.1991, BStBl II 1992, 434).
Rz. 491
Genügt die Vereinbarung nicht den vorgenannten strengen formellen Anforderungen, so wird die vereinbarte Tantieme unabhängig von ihrer materiellen Angemessenheit insgesamt als vGA qualifiziert.
Rz. 492
Muster 16.25: Klausel über Tantiemenvereinbarungen
Muster 16.25: Klausel über Tantiemenvereinbarungen
Der Geschäftsführer erhält eine Tantieme i.H.v. _________________________ % des Jahresüberschusses der Handelsbilanz vor Verrechnung mit Verlustvorträgen und vor Abzug der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Die Bemessungsgrundlage ist nicht um Gewinnanteile stiller Gesellschafter, um die Tantieme selbst und um andere gewinnabhängige Aufwendungen der Gesellschaft zu kürzen.
bb) Bemessungsgrundlage und Ausgestaltung der Tantieme
Rz. 493
Bemessungsgrundlage einer Tantieme können der Umsatz (sog. Umsatztantieme) der Gesellschaft und der Gewinn (sog. Gewinntantieme) sein. Steuerlich werden an diese Tantiemearten unterschiedliche Anforderungen geknüpft.
(1) Umsatztantiemen
Rz. 494
Bei der Vereinbarung von Umsatztantiemen mit GGF ist aus steuerlicher Sicht besondere Vorsicht geboten. Nach der Rspr. ist die Bemessung einer Tantieme nach dem Umsatz der Gesellschaft nur ausnahmsweise angemessen, wenn ein besonderer Grund vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre und sie auch einem fremden Geschäftsführer eingeräumt worden wäre (BFH v. 28.6.1989, BStBl II 1989, 854; BFH v. 19.5.1993, BFH/NV 1994, 124; BFH v. 30.8.1995, BFH/NV 1996, 265; BFH v. 20.9.1995, BFH/NV 1996, 508; BFH v. 26.10.1995, BFH/NV 1996, 438). Ebenso kann es in Einzelfällen sachgerecht sein, dem ausschließlich für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer eine am Umsatz bemessene variable Vergütung zuzusagen. Soweit der Geschäftsführer für den Gesamtbetrieb verantwortlich ist, erscheint allerdings eine Erfolgsbeteiligung nur in der Form einer Gewinntantieme angebracht (BFH, BFH/NV 1996, 508; BFH v. 19.5.1993, BFH/NV 1994, 124). Die eingeschränkte Zulässigkeit der Umsatztantieme hat ihre Grundlage darin, dass bei Vereinbarung einer Umsatztantieme der Gewinn der Gesellschaft abgesaugt werden könnte (BFH v. 28.6.1989, BStBl II 1989, 854) und die Umsätze zulasten der Rentabilität in die Höhe getrieben werden könnten (BFH v. 20.9.1995, BFH/NV 1996, 508).
Rz. 495
Eine besondere Rechtfertigung für die Vereinbarung einer Umsatztantieme liegt vor, wenn sich die Gesellschaft in einer Aufbauphase befindet. Aufgrund der voraussichtlichen Anlaufverluste würde eine gewinnabhängige Tantieme keinen ausreichenden Leistungsanreiz für den GGF schaffen (BFH v. 19.5.1993, BFH/NV 1993, 124). Wird in der Aufbauphase eine Umsatztantieme vereinbart, muss diese zeitlich und der Höhe nach begrenzt sein (BFH v. 30.8.1995, BFH/NV 1996, 265; auch für Minderheitsgesellschafter BFH v. 19.2.1999, BStBl II 1999, 321). In zeitlicher Hinsicht ist die Umsatztantieme entweder zu beschränken (z.B. zunächst auf ein Jahr), oder es ist eine Revisionsklausel vorzusehen, wonach sich die Umsatztantieme nach Abschluss der Aufbauphase in eine ...