Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 493
Bemessungsgrundlage einer Tantieme können der Umsatz (sog. Umsatztantieme) der Gesellschaft und der Gewinn (sog. Gewinntantieme) sein. Steuerlich werden an diese Tantiemearten unterschiedliche Anforderungen geknüpft.
(1) Umsatztantiemen
Rz. 494
Bei der Vereinbarung von Umsatztantiemen mit GGF ist aus steuerlicher Sicht besondere Vorsicht geboten. Nach der Rspr. ist die Bemessung einer Tantieme nach dem Umsatz der Gesellschaft nur ausnahmsweise angemessen, wenn ein besonderer Grund vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre und sie auch einem fremden Geschäftsführer eingeräumt worden wäre (BFH v. 28.6.1989, BStBl II 1989, 854; BFH v. 19.5.1993, BFH/NV 1994, 124; BFH v. 30.8.1995, BFH/NV 1996, 265; BFH v. 20.9.1995, BFH/NV 1996, 508; BFH v. 26.10.1995, BFH/NV 1996, 438). Ebenso kann es in Einzelfällen sachgerecht sein, dem ausschließlich für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer eine am Umsatz bemessene variable Vergütung zuzusagen. Soweit der Geschäftsführer für den Gesamtbetrieb verantwortlich ist, erscheint allerdings eine Erfolgsbeteiligung nur in der Form einer Gewinntantieme angebracht (BFH, BFH/NV 1996, 508; BFH v. 19.5.1993, BFH/NV 1994, 124). Die eingeschränkte Zulässigkeit der Umsatztantieme hat ihre Grundlage darin, dass bei Vereinbarung einer Umsatztantieme der Gewinn der Gesellschaft abgesaugt werden könnte (BFH v. 28.6.1989, BStBl II 1989, 854) und die Umsätze zulasten der Rentabilität in die Höhe getrieben werden könnten (BFH v. 20.9.1995, BFH/NV 1996, 508).
Rz. 495
Eine besondere Rechtfertigung für die Vereinbarung einer Umsatztantieme liegt vor, wenn sich die Gesellschaft in einer Aufbauphase befindet. Aufgrund der voraussichtlichen Anlaufverluste würde eine gewinnabhängige Tantieme keinen ausreichenden Leistungsanreiz für den GGF schaffen (BFH v. 19.5.1993, BFH/NV 1993, 124). Wird in der Aufbauphase eine Umsatztantieme vereinbart, muss diese zeitlich und der Höhe nach begrenzt sein (BFH v. 30.8.1995, BFH/NV 1996, 265; auch für Minderheitsgesellschafter BFH v. 19.2.1999, BStBl II 1999, 321). In zeitlicher Hinsicht ist die Umsatztantieme entweder zu beschränken (z.B. zunächst auf ein Jahr), oder es ist eine Revisionsklausel vorzusehen, wonach sich die Umsatztantieme nach Abschluss der Aufbauphase in eine Gewinntantieme umwandelt. Da der zu erwartende Umsatz in der Aufbauphase nur eingeschränkt geschätzt werden kann, ist außerdem ein Höchstbetrag festzulegen (sog. betragsmäßige Deckelung der Umsatztantieme). Die Zusage einer Umsatztantieme neben einer Gewinntantieme führt zu einer vGA (BFH v. 9.9.1998, BFH/NV 1999, 519).
Rz. 496
Ist eine Umsatztantieme aufgrund besonderer Umstände angemessen, ist es nicht erforderlich, dass die Umsatztantieme branchenüblich ist. Umgekehrt kann die Branchenüblichkeit allerdings ein Indiz für die Angemessenheit einer Umsatztantieme sein (BFH v. 30.8.1995, BFH/NV 1996, 265).
(2) Gewinntantiemen
Rz. 497
Die Gewinntantieme entfällt, wenn dem Geschäftsführer aus wichtigem Grund gekündigt wird, für das Geschäftsjahr der Kündigung. Scheidet der Geschäftsführer aus sonstigen Gründen während des Geschäftsjahres aus seinem Amt aus, hat er Anspruch auf eine zeitanteilige Tantieme.
Rz. 498
Gewinntantiemen dürfen (auch bei mehreren GGF insgesamt) den Satz von 50 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern insgesamt nicht übersteigen, falls nicht im Einzelfall besondere Gründe für die Zusage einer außergewöhnlich hohen Tantieme bestanden haben (BMF v. 1.2.2002, BStBl I 2002, 219). Bemessungsgrundlage für die 50 %-Grenze ist der handelsrechtliche Jahresüberschuss vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern.
Rz. 499
Der BFH hat in zwei Entscheidungen (BFH v. 27.2.2003, BStBl II 2004, 132; BFH v. 4.6.2003, BStBl II 2004, 136) zur Angemessenheit der Gesamtausstattung bei Vereinbarung einer Gewinntantieme sowie zum Verhältnis der Gewinntantieme zu den Festbestandteilen der Geschäftsführerbezüge Stellung genommen. Er spricht sich in seinen Entscheidungen für eine generelle Einzelfallbetrachtung aus und widerspricht teilweise den in den BMF-Schreiben v. 1.2.2002 (BStBl I 2002, 219) und v. 14.10.2002 (BStBl I 2002, 972) enthaltenen Grundaussagen.
Rz. 500
Der BFH hat in den oben genannten Urteilen unter anderem Stellung zum Verhältnis der Gewinntantieme zu den Festbestandteilen der Geschäftsführerbezüge genommen. Danach führt ein 25 % überschreitender Anteil an variablen Gehaltsbestandteilen nicht zwangsläufig zu einer vGA, wenn die Gesamtausstattung des Geschäftsführers insgesamt angemessen ist. Der Überschreitung der typisierten 25 %-Grenze kommt nach Meinung des BFH lediglich Indizwirkung für die Annahme einer vGA zu. Die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist kein vGA-Indiz, wenn:
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mit sprunghaften Gewinnentwicklungen gerechnet werden konnte oder |
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starke Ertragsschwankungen gegeben sind oder |
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eine Gewinnprognose im Vorfeld nicht e... |