Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 898
Zu beachten ist, dass Rahmenvereinbarungen vielfach nicht allein der Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein können (vgl. BSG v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R, juris). Abzustellen ist vielmehr auf die Vereinbarungen der Vertragsparteien zu den jeweiligen Einzelaufträgen, weil erst durch diese die Rechtsbeziehungen hinreichend konkretisiert werden (vgl. BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 10/18 R, juris Rn 25). In diesem Zusammenhang kommen dann auch die Regelungen der Rahmenvereinbarung zum Tragen, soweit sie die einzelnen Rechtsverhältnisse rechtlich beeinflussen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg v. 18.11.2022 – L 4 BA 33/18, juris Rn 56; LSG Berlin-Brandenburg v. 23.6.2022 – L 4 BA 4/18, juris Rn 140). Allerdings kann das Direktionsrecht des Arbeitgebers außer durch Einzelanweisungen während des Auftrags auch durch vorab in einem Rahmen-Dienstvertrag getroffene generelle Festlegungen ausgeübt werden (vgl. Hessisches LSG v. 29.9.2022 – L 8 BA 65/21, juris Ls 2 und Rn 75). Die sog. "Honorarvereinbarung" über eine Tätigkeit als Notarzt, die die einzelnen Einsätze in eine auf Dauer angelegte Rechtsbeziehung einbettet, stellt einen Rahmenvertrag dar (vgl. BSG v. 19.10.2021 – B 12 KR 29/19 R, juris Rn 30). Ein Rahmenvertrag, der selbst noch keine Arbeitspflicht begründet, sondern lediglich die Bedingungen der künftig erst abzuschließenden und auf den jeweiligen Einsatz befristeten Rechtsverhältnisse wiedergibt, ist kein Arbeitsvertrag (vgl. BSG v. 11.3.2009 – B 12 R 11/07 R, NZS 2010, 150 = RdW 2009, 419 Promotionsvertrag mit Aktionsvereinbarungen unter Bezug auf BAG v. 31.7.2002 – 7 AZR 181/01, DB 2003, 96 = BB 2003, 521). Wenn hinsichtlich der einzelnen "Aktionen" erst feststeht, dass von den Beteiligten so bezeichnete Maßnahmen durchgeführt wurden, nicht jedoch wann, wo und mit welchem Inhalt, fehlt es an jeder hinreichend konkreten Rechtsbeziehung, die ihrerseits als Grundlage einer Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV in Betracht kommen kann. Gleichwohl können geschlossene Rahmenverträge der Ausgangspunkt der versicherungsrechtlichen Beurteilung aufgrund der darin vorgenommenen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses sein (vgl. LSG Baden-Württemberg v. 24.2.2015 – L 11 R 5165/13). Werden Rahmenverträge so geschlossen, dass keine anderen zusätzlichen Aufgaben zugewiesen werden können, sprechen diese Gesichtspunkte für ein Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter (Selbstständiger). Darin unterscheiden sich freie Mitarbeiter von Beschäftigten, die auf Abruf tätig werden und deren Tätigkeit dennoch als abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung zu qualifizieren ist (vgl. LSG NRW v. 15.2.2017 – L 8 R 253/15; LSG Baden-Württemberg v. 24.2.2015 – L 11 R 5165/13). Besteht zwar ein Rahmenvertrag zwischen den Beteiligten, entstehen die Hauptleistungspflichten jedoch erst jeweils mit Übernahme der Einzeltätigkeit, kommt es für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit regelmäßig entscheidend auf die Verhältnisse während der Durchführung der jeweiligen Einzeltätigkeit an (vgl. BSG v. 18. 11. 2015 – B 12 KR 16/13 R, Merchandising im Rahmen von Rackjobbing). Vgl. zur arbeitsrechtlichen Beurteilung von Rahmenverträgen oben Rdn 799.