Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 732
Der Vorstand hat die Genossenschaft unter eigener Verantwortung zu leiten. Er hat dabei die Beschränkungen zu beachten, die durch die Satzung festgesetzt worden sind (§ 27 Abs. 1 GenG). Gemäß § 27 Abs. 1 S. 3 GenG (neu eingefügt durch das Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften vom 17.7.2017 – BGBl I, 2434) kann bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern die Satzung vorsehen, dass der Vorstand an Weisungen der Generalversammlung gebunden ist. Wie beim Vorstand der AG wird die Genossenschaft durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten (§ 24 Abs. 1 S. 1 GenG).
Rz. 733
Ein Alleinvorstand, d.h. der Vorstand besteht nur aus einer Person, ist bei der Genossenschaft gem. § 24 Abs. 2 S. 3 GenG nur im Ausnahmefall möglich, wenn die Genossenschaft aus nicht mehr als 20 Mitgliedern besteht und die Satzung bestimmt, dass der Vorstand nur aus einer Person besteht. Erst die Novellierung des GenG v. 14.8.2006 (vgl. BGBl I v. 18.8.2006, 1911 ff.) hat eingeführt, dass bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern die Satzung bestimmen kann, dass der Vorstand aus einer Person besteht (§ 24 Abs. 2 S. 3 GenG). Nur für diesen Fall darf wegen der Gesetzesstrenge des § 18 S. 2 GenG die Satzung einen einköpfigen Vorstand vorsehen (vgl. Beuthien, GenG, § 24 Rn 6). Damit wollte der Gesetzgeber die Bedeutung der Genossenschaft für kleine Unternehmen steigern. Auch auf einen Aufsichtsrat kann die Genossenschaft im Fall der kleinen Genossenschaft gem. § 9 Abs. 1 S. 2 GenG verzichten. Dies ist anders als beim Vorstand der AG.
Rz. 734
Grds. hat der Vorstand der Genossenschaft aus zwei Personen zu bestehen, die von der Generalversammlung gewählt und – neu seit der Novellierung des GenG v. 14.8.2006 (vgl. BGBl I 2006, S. 1911 ff.) –, auch abberufen werden (§ 24 Abs. 2 S. 1 GenG). Die Satzung kann eine höhere Personenzahl sowie eine andere Art der Bestellung und Abberufung bestimmen (§ 24 Abs. 2 S. 2 GenG). Damit kann die Zuständigkeit zur Bestellung und auch endgültigen Abberufung (vgl. § 40 GenG zur vorläufigen Amtsenthebung durch den Aufsichtsrat) und (außerordentlichen) Kündigung eines Vorstandsmitgliedes in der Satzung einheitlich in die Hände des Aufsichtsrats gelegt werden (vgl. h.M.: BGH v. 2.7.2019 – II ZR 155/18, juris Ls. und Rn 13 ff., 17 mwN.; a.A. u.a Geibel, in Henssler/Strohn, § 24 GenG, Rn 13 mwN., sowie die Übersicht zur Lit.-Meinung in BGH v. 2.7.2019 – II ZR 155/18, juris Rn 14, wonach eine ausschließliche Zuständigkeit des AR zur Kündigung des Vorstandsdienstvertrags aufgrund Gesetzes bestehe, und eine entgegenstehende Satzungsbestimmung nach § 18 S. 2 GenG unwirksam sei); s. auch unten Rdn 744.
Nach § 9 Abs. 4 GenG legt der Aufsichtsrat bei Genossenschaften, die der Mitbestimmung unterliegen, für den Frauenanteil im Vorstand Zielgrößen fest. Gleichzeitig sind Fristen für die Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Der Vorstand legt Zielgrößen gem. § 9 Abs. 3 GenG für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands fest.
Rz. 735
Es gilt das Prinzip der Selbstorganschaft (vgl. Scholz, RNotZ 2021, 441, 451). Dies bedeutet, dass die Mitglieder des Vorstands gem. § 9 Abs. 2 S. 1 GmbHG Mitglieder der Genossenschaft sein müssen, wobei in Bezug auf Kreditgenossenschaften die Sondervorschrift zur persönlichen Zuverlässigkeit und fachlichen Qualifikation des § 33 Abs. 1 Nr. 2 u. 4 KWG zu berücksichtigen ist.
Rz. 736
Änderungen im Vorstand, zu denen auch deren vorläufige Amtsenthebung gem. § 40 GenG zählt, sind durch Vorstandsmitglieder in zur Vertretung berechtigender Anzahl zur Austragung in das Handelsregister anzumelden (§§ 28, 157 GenG). Die Vertretung der Genossenschaft ggü dem Handelsregister richtet sich nach §§ 24, 25 GenG. Auch während einer Pandemie ist jedenfalls dann ein neuer Vorstand zu bestellen, wenn alle bisherigen Vorstandsmitglieder auf andere Weise als durch Ablauf der Amtszeit ausscheiden. Denn es muss die Handlungsfähigkeit der Genossenschaft erhalten bleiben (vgl. OLG Naumburg v. 6.11.2020 – 5 Wx 9/20, juris Rn 7).
Rz. 737
Anders als bei der AG (vgl. § 84 AktG) ist die Beschränkung der Amtsdauer des Vorstandsmitglieds der Genossenschaft auf max. fünf Jahre nicht im GenG vorgesehen. Der Vorstandsvertrag kann daher wahlweise befristet oder unbefristet abgeschlossen werden. In der Praxis spielen gleichwohl befristete Verträge gerade bei großen Genossenschaften eine erhebliche Rolle. Verlängerungsklauseln sind möglich. Soweit das Vorstandsmitglied nicht ehrenamtlich, sondern hauptamtlich tätig werden soll, ist der Abschluss eines Anstellungsvertrages entsprechend der Dauer der Bestellung erforderlich. Im Fall der Befristung empfiehlt es sich, wie bei dem Vorstandsmitglied der AG, Bestellung und Anstellung auf die gleiche Dauer zu befristen. In der Praxis kommen vielfach in verschiedenen Konstellationen Verknüpfungen zwischen Widerruf der Bestellung ...