Rz. 3

Angesichts der Bedeutung der Personengesellschaften in der deutschen Wirtschaft ist die Regelungstiefe zur Wirkung des Todes eines Gesellschafters auf die Gesellschaft und den Umgang mit seinem Gesellschaftsanteil nach BGB und HGB nur gering, obwohl bereits das Preußische Allgemeine Landrecht die Nachfolge in den Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters umfangreich regelte.[2] In der Folge hat sich, so Siegmann, die Zivilrechtsprechung und Zivilrechtswissenschaft seit mehr als hundert Jahren mit dieser Problematik beschäftigt.[3]

[2] §§ 278–290, 17. Titel ALR.
[3] Siegmann, NJW 1995, 481.

I. BGB-Gesellschaft

 

Rz. 4

Grundsätzlich sind Anteile an einer BGB-Gesellschaft nicht vererblich, denn die Gesellschaft wird mit dem Tod eines Gesellschafters gem. § 727 Abs. 1 BGB aufgelöst.

 

Rz. 5

Diese gesetzliche Regelung ist allerdings nicht zwingend, so dass der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzung bei Tod eines Gesellschafters vorsehen kann.[4]

Die Gesellschaft wird fortgesetzt, wenn der Gesellschaftsvertrag die Vererblichkeit der Anteile bestimmt. Der Vertrag kann die Fortsetzung unter den verbleibenden Gesellschaftern vorsehen,[5] dann steht den Erben Abfindung gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB zu.

Sieht der Gesellschaftsvertrag die Vererblichkeit des Anteils vor, sind unterschiedliche Varianten denkbar. Die einzelnen Klauseln sind im "Exkurs: Nachfolgeklauseln" (siehe Rdn 144) beschrieben. Die möglichen Nachfolgeklauseln sind für alle Personengesellschaften gleich.

[4] Palandt/Sprau, § 727 Rn 2.
[5] Palandt/Sprau, § 727 Rn 2.

1. Sondererbfolge

 

Rz. 6

Führt eine Nachfolgeklausel dazu, dass eine Erbenmehrheit Nachfolger eines Gesellschaftsanteils ist, wird nicht diese Inhaber des Gesellschaftsanteils, sondern jeder Miterbe entsprechend seinem Erbteil[6] (Sondererbfolge), denn die Erbengemeinschaft kann nicht Mitglied einer Personengesellschaft sein.[7] Diese Auffassung ist gefestigte Rechtsprechung des BGH und wird von diesem nicht mehr in Frage gestellt.[8]

 

Rz. 7

Auch nach der Entscheidung des BGH vom 29.1.2001 zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft[9] hat die Rechtsprechung diese Auffassung nicht geändert und insbesondere die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft erneut ausdrücklich verneint,[10] obwohl der Wunschnach Abkehr von der Sondererbfolge u.a. von Eberl-Borges,[11] Weipert,[12] Heil[13] und Ivo[14] damals kontrovers diskutiert wurde.

Der BGH hat nach der zitierten Entscheidung von 2007 zuletzt mit dem Beschluss vom 28.4.2014[15] und Urteil vom 30.6.2017[16] bestätigt, dass er der Erbengemeinschaft keine Rechtsfähigkeit zubilligt.

Die Sondererbfolge ist daher weiterhin für die Gesellschaftsanteile aller Personengesellschaften anzuwenden.

 

Rz. 8

Von der Frage der dinglichen Zuordnung des Gesellschaftsanteils zum Eigenvermögen des jeweiligen Erben zu unterscheiden ist die Frage der Zugehörigkeit des Gesellschaftsanteils zum Nachlass. Diese Frage wird später (siehe Rdn 26) im Zusammenhang mit der Testamentsvollstreckung über Gesellschaftsanteile näher erörtert.

[10] BGH, Urt. v. 11.9.2002 – XII ZR 187/00, DStR 2002, 1958; BGH Beschl. v. 17.10.2006 – VIII ZB 94/0, NJW 2006, 3715.
[11] Eberl-Borges, ZEV 2002, 125.
[12] Weipert, ZEV 2002, 300.
[13] Heil, ZEV 2002, 296.
[14] Ivo, ZEV 2004, 499.
[16] BGH, Urt. v. 30.6.2017 – V ZR 232/16, ZEV 2017, 627.

2. Stellung der Erben untereinander

 

Rz. 9

Soweit das Vermögen des Erblassers keinen Gesellschaftsanteil einer Personengesellschaft enthält, geht es als ungeteilter Nachlass im Wege der Universalsukzession auf den oder die Erben über.

a) Auseinandersetzung bei einfacher Nachfolgeklausel

 

Rz. 10

Wie bereits oben (siehe Rdn 6) erörtert, nehmen Gesellschaftsanteile an Personengesellschaften an der Universalsukzession nicht teil, vielmehr gehen sie im Wege einer Sondererbfolge in Höhe der jeweiligen Erbquote direkt auf die Erben über.

Die Folge ist eine Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft.[17]

 

Rz. 11

Erfolgt die Sondererbfolge aufgrund einfacher Nachfolgeklausel (vgl. Rdn 147), ergeben sich für die Auseinandersetzung keine schwerwiegenden Probleme, denn jeder Miterbe erwirbt auch einen seiner Erbquote entsprechenden Gesellschaftsanteil.

 

Beispiel

Der Erblasser ist Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft. Die Gesellschaft hat zwei Gesellschafter, die gleichmäßig beteiligt sind. Nach dem Gesellschaftsvertrag wird die Gesellschaft mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortgeführt. Daneben besitzt der Erblasser noch ein Barvermögen über 100.000 EUR.

Der Erblasser hat zwei Töchter, seine Ehefrau ist verstorben. Es tritt gesetzliche Erbfolge ein.

Die Töchter erben in Erbengemeinschaft mit einer Quote von jeweils ½ das Barvermögen.

Der Geschäftsanteil der BGB-Gesellschaft fällt jeder Tochter zu jeweils ½ zu, so dass die Gesellschaft nach dem Erbfall drei Gesellscha...

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