Rz. 189
Der Anteilskauf (share deal) ist grundsätzlich Rechtskauf. Demgegenüber ist er nach dem BGH ein Sachkauf, wenn beim Erwerb (nahezu) sämtlicher Anteile nach der Vorstellung der Parteien und objektiv bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sich der Kauf auf den Erwerb des von der GmbH betriebenen Unternehmens richtet; dann sind die Gewährleistungsrechte der §§ 434 ff. BGB anwendbar. Den Verkäufer trifft im Hinblick auf die regelmäßig wirtschaftliche Tragweite des Geschäfts und die erschwerte Bewertung des Kaufobjekts durch den Kaufinteressenten eine gesteigerte Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht. Wenn die Parteien nichts anderes regeln, findet das BGB-Kaufrecht Anwendung. Wegen dessen für die Praxis zu geringen Haftungsstandards empfehlen sich aus Käufersicht selbstständige Garantien des Verkäufers insb. im Hinblick auf die Bilanz. Das BGB-Kaufrecht behandelt Rechts- und Sachkauf gleich – auch bei der Gewährleistung (§ 453 Abs. 1 BGB). Gem. §§ 433 Abs. 1 S. 2, 453 Abs. 1 BGB muss der Verkäufer frei von Rechtsmängeln leisten. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll Haftung aus cic nicht mehr greifen: Der Käufer habe ein Nacherfüllungsrecht, ihm könne ein Schadensersatzanspruch auch bei Fahrlässigkeit des Verkäufers zustehen (§§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281, 283, 284, 311a BGB), die Berechnung der Minderung sei erleichtert (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB) und die Verjährung verlängert (zwei Jahre, § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Ein Rücktritt (§§ 437 Nr. 2 i.V.m. 440, 326 Abs. 5, 323 BGB) kann grundsätzlich erst nach Ablauf einer angemessenen Frist zur Leistung/Nacherfüllung ausgeübt werden; Fristsetzung ist ausnahmsweise entbehrlich nach §§ 323 Abs. 2 und 440 S. 1 BGB. Sowohl Rücktrittsrecht als auch Schadensersatzanspruch bestehen nur, wenn die Pflichtverletzung des Verkäufers erheblich ist (vgl. §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Das BGB unterscheidet bei den Rechtsfolgen nicht zwischen Fehlern und Nichtvorliegen zugesicherter Eigenschaften. Noch nicht letztlich geklärt ist, ob das bis zur Schuldrechtsreform herrschende enge Verständnis der Eigenschaften fortbesteht; die Gesetzesbegründung lässt offen, ob nur der Kaufsache unmittelbar anhaftende Eigenschaften erfasst werden oder auch außerhalb der Sache liegende Umstände. Das Schrifttum neigt dazu, die Differenzierung im Zuge einer Subjektivierung des Mangelbegriffs zu relativieren, Beschaffenheit seien sämtliche Beziehungen zur Umwelt, die zur geschuldeten Beschaffenheit gehören. Bei Unternehmenskäufen geht die Gefahr gem. § 446 BGB erst bei Übergabe des Unternehmens auf den Käufer über, nicht schon ab Wirksamkeit der Notarverträge.
Bei angespannter finanzieller Lage einer GmbH soll der Verkäufer verpflichtet sein, sämtliche Verbindlichkeiten der GmbH offenzulegen, bei Verletzung der Pflicht soll der Erwerber wegen arglistiger Täuschung anfechten können.