Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 112
Der Beginn des Arbeitsverhältnisses wird von den Parteien des Arbeitsvertrages festgelegt. Dabei müssen Vertragsabschluss und Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht zusammenfallen. Wird der schriftliche Arbeitsvertrag erst nach der tatsächlichen Arbeitsaufnahme unterzeichnet, besteht in der Zwischenzeit i.d.R. kein vertragsloser Zustand, sondern es gilt das zwischen den Parteien mündlich oder konkludent Vereinbarte. Etwas anderes kommt zwar unter den Voraussetzungen des § 154 Abs. 2 BGB infrage: Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrages vereinbart worden, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist. Allerdings wird für Arbeitsverträge eine Beurkundung i.d.R. nicht vereinbart.
Rz. 113
In den meisten Fällen geht der Vertragsschluss dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses ohnehin voraus. Die vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses abhängigen Rechtswirkungen treten dann erst im Zeitpunkt des vereinbarten Beginnes ein.
Rz. 114
Nicht erforderlich für den Eintritt dieser Rechtswirkungen ist es, dass es zum vereinbarten Vertragsbeginn zugleich zur tatsächlichen Arbeitsaufnahme gekommen ist. So ist auch nach dem Wortlaut des § 3 EFZG für die Entstehung des Anspruches auf Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall nur entscheidend, dass "ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert" ist. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht prinzipiell deshalb auch dann, wenn der Arbeitnehmer am Tag des vereinbarten Arbeitsbeginnes bereits arbeitsunfähig ist, und nicht nur, wenn er es im Verlauf des ersten Arbeitstages wird. Wegen § 3 Abs. 3 EFZG entsteht der Anspruch allerdings erst nach Ablauf von 4 Wochen. So erwirbt der dauerhaft erkrankte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung vom ersten Tag der fünften Woche, auch wenn er in den ersten 4 Wochen keine Arbeitsleistung erbringen konnte (BAG v. 16.1.2002, AP Entgelt FG, § 3 Nr. 13; BAG v. 26.5.1999, AP Entgelt FG, § 3 Nr. 10).
Rz. 115
Zur Frage, ob nach erfolgtem Vertragsschluss eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses bereits vor dem Tage seines vereinbarten Beginnes möglich ist sowie zur Frage, wann in diesen Fällen ggf. die Kündigungsfrist zu laufen beginnt, vgl. § 29 Rdn 270 ff.
Rz. 116
Im Fall des vorausgehenden Vertragsschlusses ist häufig der Nichtantritt der Arbeit durch den Arbeitnehmer durch eine Vertragsstrafenabrede sanktioniert. Strafabreden in vorformulierten Arbeitsverträgen unterliegen einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, wobei gem. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB die Besonderheiten des Arbeitsrechtes angemessen zu berücksichtigen sind.
Rz. 117
Vertragsstrafenabreden in formularmäßigen Arbeitsverträgen sind nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat.
Rz. 118
Das BAG hat mit Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727 – 734, entschieden, dass Vertragsstrafeversprechen unter Berücksichtigung der Besonderheiten im Arbeitsrecht i.S.v. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB für den Fall der Lösung vom Arbeitsverhältnis im Arbeitsrecht nicht grds. unzulässig sind, da der Arbeitnehmer nicht gem. § 888 Abs. 3 ZPO zur Erbringung der persönlich geschuldeten Leistung gezwungen werden kann.
Rz. 119
Der Arbeitnehmer darf allerdings nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht unangemessen benachteiligt werden. Anderenfalls ist die Vertragsstrafe unwirksam gem. § 307 BGB. Die Unangemessenheit kann sich unter anderem aus einem Missverhältnis zwischen der Pflichtverletzung und der Höhe der Vertragsstrafe ergeben. Dies ist nach der Rspr. des BAG z.B. der Fall, wenn die Vertragsstrafe bei Nichtantritt der Arbeit ein Bruttomonatsgehalt beträgt, obgleich das Arbeitsverhältnis mit nur zweiwöchiger Kündigungsfrist beendet werden könnte. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine unangemessene Höhe der Vertragsstrafe zur endgültigen Unwirksamkeit der Regelung führt. Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe durch das Gericht auf eine angemessene Höhe ist nicht möglich.