Rz. 1028

Der Gesetzgeber hat sich – im Unterschied zu den technischen Schutzrechten, für die das ArbnErfG gilt – gegen ein eigenes "Arbeitnehmerurheberrechtsgesetz" und für eine generalklauselartige Regelung im § 43 UrhG entschieden. Eine Erweiterung des ArbnErfG auf den urheberrechtlichen Bereich, durch die letztlich ein umfassender, kodifizierter Schutz für Arbeitnehmerschöpfungen geschaffen werden könnte, wird diskutiert (vgl. Tillmann, GRUR 2012, 961, 965 f.), ist aber nicht absehbar.

 

Rz. 1029

Nach § 43 UrhG sind die Vorschriften über die Einräumung von Nutzungsrechten dann anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtung aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dem "Inhalt" oder dem "Wesen" desselben nichts anderes ergibt.

 

Rz. 1030

Weder das Arbeitsrecht noch das Urheberrecht haben einen "Vorrang" vor dem jeweils anderen Recht. Richtig ist es wohl, von einer "Überlagerung" des Arbeitsrechtes durch das Urheberrecht zu sprechen. Denn die Regelung des § 43 UrhG belässt es – in Durchbrechung des im Arbeitsrecht allgemein anerkannten Grundsatzes, dass das Arbeitsergebnis dem Arbeitgeber zukommt – bei dem Grundsatz, dass Urheber der Schöpfer des Werkes ist (§ 7 UrhG).

 

Rz. 1031

Andererseits schweigt sich die Generalklausel über Art und Form, Reichweite und Dauer der arbeitnehmerspezifischen Nutzungsrechtseinräumung und insb. über die für die Praxis nach wie vor wichtige Vergütungsfrage völlig aus.

a) Geltungsbereich des § 43 UrhG

aa) Persönlicher Geltungsbereich

 

Rz. 1032

Vom persönlichen Geltungsbereich des UrhG geschützt wird nach § 11 UrhG der Urheber, d.h. derjenige der das Werk geschaffen hat (§ 7 UrhG). Es gilt also auch dann das Schöpferprinzip, wenn ein Werk im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen wird.

 

Rz. 1033

Die Generalklausel des § 43 UrhG gilt für Werkschöpfungen, die von dem Urheber in Erfüllung einer Verpflichtung "aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis" geschaffen wurden.

 

Rz. 1034

Das Urheberrecht – und insbesondere § 43 UrhG – enthält keinen urheberrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Ausschließlich maßgeblich ist der im Arbeitsrecht geltende Begriff des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses (vgl. auch Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 3). Für die Frage der Anwendbarkeit des § 43 UrhG ist demnach wesentlich, dass der Urheber in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber steht (BAG v. 31.7.2014 – 2 AZR 422/13; BAG v. 15.2.2012 – 10 AZR 301/10; BAG v. 20.8.2003 – 5 AZR 610/02; BAG v. 3.6.1998 – 5 AZR 656/97; Schricker/Loewenheim/Rojahn, UrhG, § 43 Rn 14 mit einer ausführlichen Auflistung etwaiger Kriterien). Durch den Grad der Abhängigkeit unterscheidet sich ein Arbeitsverhältnis von einem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters. Als Indiz für die Abhängigkeit gilt insb. die Weisungsgebundenheit, wobei zu beachten ist, dass das Weisungsrecht des Auftragsgebers im schöpferischen Bereich begrenzt ist, was im Wesen künstlerischer Tätigkeit liegt (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 7).

 

Rz. 1035

Die Rspr. hat bspw. in folgenden Fällen eine Arbeitnehmereigenschaft des Urhebers bejaht (Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 4 m.w.N.):

Autor und Regisseur (BAG v. 15.3.1978, AP Nr. 26, 34 zu § 611 Abhängigkeit);
Bildhauer, Designer, Fotografen (BAG v. 16.6.1998 – 5 AZN 154/98);
Bühnenbildner (BAG v. 3.10.1975, AP Nr. 17 zu § 611 Abhängigkeit; a.A. LAG Berlin v. 16.8.1983, AP Nr. 44 zu § 611 Abhängigkeit);
Cutter (BAG v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/12);
Hörfunkkorrespondent (BAG v. 7.5.1980, AP Nr. 35 zu § 611 Abhängigkeit);
Journalisten (KG v. 30.4.2004 – 5 U 98/02);
Mitarbeiter der Wissenschaftlichen Dienste (BVerwG v. 25.6.2015 – 7 C 1.14)
Orchestermusiker (BAG v. 9.10.2002, AP Nr. 114 zu § 611 Abhängigkeit; differenzierter: LAG Köln v. 15.10.2009 – 10 Ta 129/09);
Rundfunk- und Fernsehmitarbeiter (BAG v. 30.11.1994 – 5 AZR 704/93);
Reporter (BAG v. 22.6.1977, AP Nr. 22 zu § 611 Abhängigkeit);
Sprecher und Übersetzer (BAG v. 3.10.1975, AP Nr. 15 zu § 611 Abhängigkeit);
Übersetzer (BAG v. 11.3.1998, AP Nr. 74 zu § 611 Abhängigkeit).
 

Rz. 1036

In folgenden Beispielsfällen hat das BAG die Arbeitnehmereigenschaft verneint:

Autorenbetreuer und Lektor (BAG v. 27.3.1991, AP Nr. 53 zu § 611 Abhängigkeit; ArbG Berlin v. 8.1.2004 – 78 Ca 26918/03);
Bildberichterstatter (BAG v. 29.1.1992 – 7 ABR 25/91);
Kameramann (BAG v. 8.6.1967, AP Nr. 6 zu § 611 Abhängigkeit);
nebenberuflich tätige Rundfunkreporter (BAG v. 22.4.1998, AP Nr. 96 zu § 611 Abhängigkeit);
Sportredakteur (BAG v. 14.3.2007 – 5 AZR 499/06).
 

Rz. 1037

Nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind arbeitnehmerähnliche Personen, da ihnen die persönliche Abhängigkeit fehlt. § 43 UrhG ist daher auf arbeitnehmerähnliche Personen nicht anwendbar, wohl aber einzelne arbeitsrechtliche Schutzvorschriften (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 9; Dreier/Schulze, UrhG, § 43 Rn 8; Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 6). Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass urheberrechtliche Regelungen auch für arbeitnehmerähnliche Pers...

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