Rz. 210

Für ältere Arbeitnehmer besteht eine Sonderregelung zur sachgrundlosen Befristung. Nach dem ursprünglichen Wortlaut des § 14 Abs. 3 S. 1 TzBfG a.F. bedurfte eine Befristung auch dann keines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hatte. Infolgedessen konnten Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern der genannten Altersgruppe ohne Sachgrund auch für eine längere Dauer als zwei Jahre und/oder mit mehr als dreimaliger Verlängerung befristet werden.

 

Rz. 211

Art. 7 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002 (BGBl I, S. 4607) änderte § 14 Abs. 3 TzBfG mit Wirkung für die Zeit v. 1.1.2003 bis zum 31.12.2006 insoweit ab, als das 58. Lebensjahr durch das 52. Lebensjahr ersetzt werden sollte. Diese Regelung verstieß indes gegen die RL 1999/70 EG des Rates v. 28.6.1999 (Abl. EG 1999 Nr. L. 175 S. 43) und wurde vom EuGH wegen unzulässiger Diskriminierung wegen des Alters für unwirksam erklärt (EuGH v. 22.11.2005 – C 144/04, NZA 2005, 1345, sog. Mangold-Entscheidung).

 

Rz. 212

Der EuGH bemängelte insb., dass die Regelung ohne weitere Differenzierung nach der Beschäftigungssituation allein an das Alter anknüpfe. Dies sei für die Bekämpfung der Altersarbeitslosigkeit weder angemessen noch erforderlich. Der deutsche Gesetzgeber hat die Regelung des § 14 Abs. 3 TzBfG daraufhin überarbeitet. Zusätzlich zur früheren Rechtslage setzt die Regelung des § 14 Abs. 3 TzBfG in ihrer ab 1.5.2007 geltenden Fassung nunmehr über das Mindestalter des Arbeitnehmers hinaus voraus, dass dieser unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses entweder mindestens vier Monate beschäftigungslos i.S.d. § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III war oder er Transferkurzarbeitergeld bezogen oder aber an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II oder SGB III teilgenommen hat. Anders als bei der Regelung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG führt ein früheres Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien allerdings nicht zur Unzulässigkeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses.

 

Rz. 213

In diesem Zusammenhang ist jedoch nach wie vor der europarechtliche Hintergrund der Vorschrift zu beachten. Danach kann die erleichterte Befristungsmöglichkeit für ältere Arbeitnehmer nur mit dem Ziel ihrer Eingliederung in das Arbeitsleben gerechtfertigt werden.

 

Rz. 214

 

Hinweis

Vor diesem europarechtlichen Hintergrund ist daher von Befristungen abzuraten, die dem Zweck der Vorschrift klar widersprechen bzw. einen Umgehungstatbestand nahelegen. Infolgedessen ist bspw. nicht zu empfehlen ein Arbeitsverhältnis zu kündigen, um den Arbeitnehmer für vier Monate unwiderruflich freizustellen und ihn unmittelbar anschließend in ein nach § 14 Abs. 3 TzBfG befristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen oder ein Unternehmen mit dem Ziel umzustrukturieren, ältere Arbeitnehmer i.S.v. § 14 Abs. 3 TzBfG für vier Monate in eine Beschäftigungsgesellschaft zu übernehmen, um sie unmittelbar anschließend bei einem anderen Konzernunternehmen nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 TzBfG weiter zu beschäftigen.

 

Rz. 215

In der arbeitsrechtlichen Literatur ist umstritten, ob die Neuregelung tatsächlich europarechtskonform ist. Die wohl überwiegende Meinung bejaht dies (Ascheid/Preis/Schmidt/Backhaus, § 14 TzBfG Rn 422; Bader, NZA 2007, 713; Bauer, NZA 2007, 544; Schiefer/Köster/Korte, DB 2007, 1081; a.A. Bayreuther, BB 2007, 1113; Kast/Hermann, BB 2007, 1841). Das BAG hat festgestellt, dass die Regelungen in § 14 Abs. 3 S. 1 und 2 TzBfG in der ab 1.5.2007 geltenden Fassung – jedenfalls soweit es um deren erstmalige Anwendung zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien geht – mit Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht vereinbar sind (BAG v. 28.5.2014 – 7 AZR 360/12). In seiner Entscheidung hat das BAG aber ausgeführt, dass im Hinblick auf die EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.6.1999 Bedenken bestehen könnten, wenn § 14 Abs. 3 S. 1 und 2 TzBfG dahin auszulegen wären, dass sie auch die wiederholte Anwendung zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien gestatten, sofern nur zwischen den mehrfachen Inanspruchnahmen jeweils eine Zeit der Beschäftigungslosigkeit von mindestens vier Monaten liegt (BAG v. 28.5.2014 – 7 AZR 360/12, Rn 15). Ob die Bestimmungen bei einem solchen Verständnis noch ein effektives Mittel zur Bekämpfung des Missbrauchs durch aufeinanderfolgende befristete Verträge wären, erschiene zumindest zweifelhaft (BAG v. 28.5.2014 – 7 AZR 360/12, Rn 15). Das BAG hat diese Frage offengelassen.

 

Rz. 216

 

Hinweis

In Anbetracht des damit verbliebenen Restrisikos bei der Anwendung der Regelung des § 14 Abs. 3 TzBfG ist es – abgesehen von der vom BAG entschiedenen Fallkonstellation -Arbeitgebern zu raten, diese Vorschrift nur dann anzuwenden, wenn keine anderen Befristungsmöglichkeiten in Betracht kommen und darüber hinaus die Rechtsgrundlage für die Befristung im Anstellungsvertrag nicht zu nennen.

 

Rz. 217

Die sa...

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