Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 309
Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses stehen sich die in § 611a Abs. 1 BGB kraft Gesetzes ausdrücklich festgelegten Hauptleistungspflichten der Arbeitsvertragsparteien ggü., nämlich die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers einerseits und die Vergütungspflicht des Arbeitgebers andererseits. Die Arbeitsvergütung ist der Ober- bzw. Sammelbegriff für die verschiedensten Ausgestaltungsformen der Vergütungspflicht des Arbeitgebers. Im Zuge der Novellierung des Gewerbeordnungsrechtes durch das "Dritte Gesetz zur Änderung der GewO und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften" v. 24.8.2002 (BGBl I, 3412) ist mit § 107 GewO n.F. erstmals eine Vorschrift zur "Berechnung und Zahlung des Arbeitsentgelts" geschaffen worden, die die Arbeitsvergütung in Anlehnung an die bislang vorgelegten Arbeitsvertragsgesetzentwürfe mit "Arbeitsentgelt" bezeichnet, welches "in EUR zu berechnen und auszuzahlen" ist (§ 107 Abs. 1 GewO). Vergütung bzw. Entgelt ist jeder als Gegenleistung für die Arbeitsleistung bestimmte geldwerte Vorteil. Da die Arbeitskraft des Arbeitnehmers sein Kapital ist, kommt die Regelung des § 612 Abs. 1 BGB zum Tragen. Danach gilt eine Vergütung bzw. ein Entgelt als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung bzw. gegen ein Entgelt zu erwarten ist. Ist die Höhe der Vergütung bzw. des Entgeltes nicht bestimmt, gilt die "übliche" Vergütung bzw. das "übliche" Entgelt als vereinbart (§ 612 Abs. 2 BGB). Bei der Bemessung orientieren sich die Arbeitgeber i.d.R. an den für die jeweilige Branche einschlägigen Lohn- und Gehaltstarifverträgen. Im Arbeitsverhältnis darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers eine geringere Vergütung bzw. ein geringeres Entgelt vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des anderen Geschlechts (§§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 2, 7 AGG). Herkömmlicherweise wird in Abhängigkeit der einzelnen Arbeitnehmergruppen hinsichtlich der Bezeichnung des Arbeitsentgeltes differenziert zwischen Lohn bei Arbeitern, Gehalt bei Angestellten, Gage bei Künstlern sowie Vergütung bei Auszubildenden. Oftmals werden auch untechnische Bezeichnungen wie etwa Bezüge, Honorar oder gar Entschädigung verwendet. Vielfach wird allgemein nur von Lohn gesprochen, ohne zwischen den einzelnen Berufsgruppen zu differenzieren. Das Arbeitsentgelt ist nicht identisch mit dem Arbeitseinkommen. Während der Begriff Arbeitsentgelt nur die Leistung eines Arbeitgebers umfasst, zählen zum Arbeitseinkommen auch die Leistungen der öffentlichen Hand und Kassen (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, Insolvenzgeld, Kurzarbeitergeld, Krankengeld).
Rz. 310
§ 107 Abs. 2 GewO enthält keine näheren Bestimmungen, welche Leistungen im Einzelnen als Arbeitsentgelt anzusehen sind, denn diese Vorschrift regelt nur die Gewährung von Sachbezügen als Arbeitsentgelt, schreibt das Kreditierungsverbot fest (§ 107 Abs. 2 S. 2 GewO), stellt allgemeine Grundsätze für den Werksverkauf auf (§ 107 Abs. 2 S. 3 und 4 GewO) und legt fest, dass der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgeltes nicht übersteigen darf (§ 107 Abs. 2 S. 5 GewO). Außerdem wird durch § 107 Abs. 3 GewO klargestellt, dass Arbeitnehmer nicht ausschließlich auf Trinkgeld-Zahlungen verwiesen werden dürfen (Trinkgeld darf nicht dazu verwendet werden, die Vorgaben des § 1 MiLoG nicht einzuhalten, vgl. § 107 GewO), dem Arbeitnehmer darf nämlich nicht das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko auferlegt werden. Nach § 2 NachwG besteht jedoch für den Arbeitgeber die Pflicht, in der sog. Nachweismitteilung dem Arbeitnehmer "die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit" (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 NachwG) spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses mitzuteilen (§ 2 Abs. 1 S. 1 NachwG). Änderungen hinsichtlich der Zusammensetzung oder der Höhe des Arbeitsentgeltes oder seiner Fälligkeit sind dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach der Änderung schriftlich mitzuteilen (§ 3 S. 1 NachwG). Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Änderung auf Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen beruht (§ 3 S. 2 NachwG). In der Nachweismitteilung sind anzugeben die Grundvergütung (z.B. Höhe des Monatsgehaltes oder des Stundenlohnes) sowie die anderen Bestandteile des Arbeitsentgeltes, wie z.B. Zuschläge (Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags-, Feiertags-, Wechselschichtarbeit, Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Reisezeit), Zulagen (Erschwernis-, Schmutz-, Taucherzulage), Prämien, Sonderzahlungen (z.B. Urlaubsgeld, Weihnachtsgratifikation), Auslösungen, Provisionen und Tantiemen. In Fällen, in denen das Arbeitsentgelt nicht durch eine geldwerte Summe im Voraus bestimmbar ist (z.B. bei Akkordlohnvereinbarungen oder gewinnorientierter Entlohnung), sind die ...