Rz. 185
Gemäß Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F. war vorrangig eine Rechtswahl der Eheleute zu beachten. Da die Verweisung aufgrund der Rechtswahl unmittelbar zum gewählten Recht führt, ist es unbeachtlich, ob eine aus deutscher Sicht wirksame Rechtswahl auch vom Heimatrecht der Eheleute bzw. dem bis zur Rechtswahl geltenden "abgewählten" Güterstatut oder aber dem gewählten Recht anerkannt wird. Rück- und Weiterverweisungen sind gem. Art. 4 Abs. 2 EGBGB unbeachtlich.
Rz. 186
Beispiel
Gesetzlicher Güterstand nach griechischem Recht ist die Zugewinngemeinschaft. Ein Ausschluss des Zugewinnausgleichs durch Vereinbarung ist nicht möglich. Aus deutscher Sicht konnten in Deutschland lebende griechische Eheleute den Zugewinn dennoch ausschließen, indem sie zunächst deutsches Güterrecht wählen (Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB) und anschließend die damit geltende Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts modifizieren bzw. durch die Gütertrennung deutschen Rechts ersetzen. Aus griechischer Sicht wurde vor Inkrafttreten der EuGüVO eine güterrechtliche Rechtswahl nicht anerkannt (Art. 14, 15 griech. ZGB), so dass eine in Griechenland erhobene Klage auf Zugewinn dennoch Erfolg gehabt hätte (sog. hinkende Rechtswahl).
Rz. 187
Haben die Eheleute keine Rechtswahl getroffen, gilt anhand der nach ihrem Erfinder benannten "Kegel’schen Leiter" folgendes Recht:
1. |
Zunächst das Recht des Staates, dem beide Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung angehörten, Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. Bei Mehrstaatern kommt über Art. 5 Abs. 1 EGBGB nur das deutsche (Deutsche mit einer weiteren ausländischen Staatsangehörigkeit) bzw. das effektive Heimatrecht (Mehrstaater ohne eine deutsche Staatsangehörigkeit) zum Zuge. Der Tatbestand ist daher nicht erfüllt, wenn eine gemeinsame Staatsangehörigkeit bei einem der Ehegatten nicht auch die effektive i.S.v. Art. 5 Abs. 1 EGBGB ist (z.B. italienische Ehefrau und Ehemann mit deutscher und italienischer Staatsangehörigkeit). |
2. |
Ersatzweise das Recht des Staates, in dem beide Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. |
3. |
Hilfsweise gem. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a.F. das Recht des Staates, mit dem die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung auf andere Weise am engsten verbunden sind. Regelmäßig ist das der Staat, in dem sie schon bei Eheschließung beabsichtigten, anschließend gemeinsam zu leben. |
Rz. 188
Rück- und Weiterverweisungen sind grundsätzlich zu beachten. Allerdings ergeben sich zwei Ausnahmen:
▪ |
Beruht die Verweisung auf einer Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F., handelt es sich gem. Art. 4 Abs. 2 EGBGB um eine Sachnormverweisung; das Kollisionsrecht der gewählten ausländischen Rechtsordnung bleibt unbeachtet. |
▪ |
Das "Unterstellen unter" bzw. "Ausgehen von der Geltung" in Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB gilt als konkludente Rechtswahl, so dass Art. 4 Abs. 2 EGBGB eingreift und diese als Sachnormverweisung behandelt wird. |
Rz. 189
Aus der Anknüpfung an die Person der Eheleute ergibt sich die Einheitlichkeit des Güterstatuts. Dieses gilt grundsätzlich für das gesamte Vermögen der Eheleute, gleich welcher Art und wo belegen. Dennoch können sich Durchbrechungen ergeben.
▪ |
Gemäß Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB a.F. konnten die Eheleute für Immobilien die Geltung des Lageortes anordnen. Im Unterschied zu Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. gilt dies auch für Auslandsimmobilien. Ein einzelnes französisches Grundstück konnte daher französischem Güterrecht unterstellt werden und hierfür die Gütergemeinschaft mit Anwachsung an den Überlebenden vereinbart werden. |
▪ |
Für im Ausland belegenes Vermögen konnte sich ein über Art. 3a Abs. 2 EGBGB a.F. zu beachtendes Einzelstatut ergeben. Dies galt insbesondere in den Ländern angloamerikanischen Rechts, in denen die güterrechtlichen Eigentumsverhältnisse an Immobilien dem jeweiligen Belegenheitsrecht unterstellt werden. |
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Auch Rück- und Weiterverweisungen durch das Recht eines Staates, der das Güterstatut nicht einheitlich anknüpft, konnten aus deutscher Sicht zur Vermögensspaltung führen. |
Rz. 190
Da die EuGüVO weder die gegenständlich beschränkte Rechtswahl noch die Rückverweisung anerkennt, scheidet unter ihrer Geltung eine Spaltung des Güterstatuts künftig aus.
Rz. 191
Durch die Anknüpfung an die Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung bleibt das Güterstatut über die Dauer der Ehe gleich. Spätere Änderungen der Staatsangehörigkeit bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts wirken sich nicht mehr aus (Unwandelbarkeit). Selbst die Rechtsänderung durch Änderung von Art. 15 EGBGB wird gem. Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB unwandelbar gestaltet, indem eine Rückwirkung angeordnet wird. Auch hier gelten aber mehrere Ausnahmen:
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Treffen die Eheleute nach der Eheschließung eine Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F., gilt das gewählte Recht mit Wirkung ex nunc. |
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Für volksdeutsche Vertriebene trat drei Monate nach Übersiedlung na... |