Rz. 192
Es gilt gem. Art. 220 Abs. 3 EGBGB vorrangig das gemeinsame Heimatrecht der Eheleute bei Eheschließung, und zwar für die Zeit bis zum 8.4.1983 gem. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EGBGB – ohne Rechtswahlmöglichkeit. Für die Zeit nach dem 8.4.1983 ergibt sich die Geltung aus Art. 15 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F., einschließlich der Rechtswahlmöglichkeit des Heimatrechts aus Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F.
Rz. 193
Bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der Eheleute bei Eheschließung gilt eine komplizierte Übergangsregelung, die rückwirkend eine verfassungskonforme Regelung zu installieren versucht, ohne dem Vertrauensschutz zuwiderzulaufen. Zunächst gilt provisorisch das Heimatrecht des Ehemannes bei Eheschließung, Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 EGBGB. Ist allerdings der güterrechtsrelevante Vorgang – z.B. die Auflösung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten – nach dem 8.4.1983 eingetreten, bestimmt sich das Güterstatut rückwirkend zum Tag der Eheschließung nach Art. 15 EGBGB i.d.F. von 1986, wobei statt des Zeitpunkts der Eheschließung die Umstände (gemeinsame Staatsangehörigkeit bzw. gewöhnlicher Aufenthalt der Eheleute) zum 9.4.1983 zugrunde zu legen sind (Art. 220 Abs. 3 S. 2, 3 EGBGB).
Rz. 194
Eine weitere Ausnahme von der Geltung des Mannesrechts gilt aus Vertrauensschutzgesichtspunkten in den Fällen, in denen die Eheleute bis zum 8.4.1983 von der Geltung eines bestimmten Rechts gemeinsam ausgegangen sind oder sich diesem gemeinsam "unterstellt" haben, Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB. Dieser Tatbestand wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt, um die im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 GG problematische Geltung des Mannesrechts in Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 EGBGB möglichst weit zurückzudrängen. Es bedürfe einer Gesamtbetrachtung, in die alle äußeren Umstände einzubeziehen sind, wie etwa gewöhnlicher Aufenthalt der Ehegatten, der Erwerb von Immobilien zur Schaffung eines Familienheims, Grundbucheintragungen und andere gemeinsame Erklärungen gegenüber Behörden oder Handlungen, die ohne Bezug zu einer bestimmten Güterrechtsordnung nicht denkbar wären. Es reiche, dass die Eheleute "wie selbstverständlich von der ihnen am nächsten liegenden Rechtsordnung ausgegangen sind". Paradefall ist der Abschluss eines Ehevertrages unter Zugrundelegung eines bestimmten Rechts oder die gemeinschaftliche Angabe eines bestimmten Güterstands anlässlich des Erwerbs einer inländischen Immobilie. Als konkludent und formlos getroffene Rechtswahl gilt diese Unterstellung unter ein bestimmtes Recht über den Stichtag des 8.4.1983 hinaus unter den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 EGBGB i.d.F. von 1986 fort. Entgegen dem Wortlaut von Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB findet also in diesen Fällen keine rückwirkende Anknüpfung des Güterstatuts nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB i.d.F. von 1986 statt.
Rz. 195
Praxishinweis
Diese Auslegung bereitet erhebliche praktische Schwierigkeiten, da sie einen objektiv nicht feststellbaren subjektiven Tatbestand zum Anknüpfungspunkt erhebt. Dies gilt insbesondere, wenn bereits ein Ehegatte verstorben ist. Faktisch führt die Auslegung des BGH bei Eheleuten ohne gemeinsame Staatsangehörigkeit regelmäßig zum Recht des Staates, in dem die Eheleute die Ehe gelebt haben. Sicherheitshalber sollte jede Gelegenheit (Ehevertrag, gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag) genutzt werden, insoweit eine Klarstellung herbeizuführen und vorsichtshalber eine Rechtswahl gem. Art. 22 EuGüVO zu treffen.