Rz. 205
Nach Art. 1 Abs. 1 EGVVG gilt das neue Recht uneingeschränkt für alle Versicherungsverträge, die ab dem 1.1.2008 geschlossen worden sind (sog. Neuverträge). Verträge, die vor dem 1.1.2008 zustande gekommen sind (Altverträge) unterliegen dem neuen Recht erst ab dem 1.1.2009.
Rz. 206
Gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 VVG-Reformgesetz trat gleichzeitig mit Inkrafttreten des neuen VVG das VVG alte Fassung außer Kraft, so dass vom Grundsatz her ab dem 1.1.2008 neues VVG auch für Altverträge galt. Das bisherige Recht gilt allerdings für alle Versicherungsfälle, die bis zum 31.12.2008 eingetreten sind, bis zu deren vollständiger Abwicklung, ggf. also über den 1.1.2009, hinaus.
Rz. 207
Grundsätzlich können zudem solche Vorschriften des neuen VVG insoweit keine Anwendung auf Altverträge finden, die beim Abschluss des Vertrages zu beachten sind, da die Regelungsinhalte nachträglich nicht mehr berücksichtigt werden können. In diesen Fällen verbleibt es stattdessen bei den Maßgaben der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Vorschriften. Relevant wird dies insbesondere in Bezug auf die Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Altverträgen eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vorliegt, so dass insoweit die Regelungen der §§ 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 VVG a.F. weiterhin anzuwenden sind, nicht aber hinsichtlich der Rechtsfolgen, die sich nach neuem VVG richten, wenn die auf die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung gestützte gestaltende Erklärung des Versicherers unter der Geltung des neuen VVG erklärt wurde, mithin bei Altverträgen ab dem 1.1.2009.
Rz. 208
Zudem sieht Art. 1 Abs. 1 EGVVG für Altverträge die grundsätzliche Fortgeltung des VVG a.F. in einer Übergangszeit vom 1.1.–31.12.2008 vor. Diese Übergangsfrist sollte den Versicherern ermöglichen, bestehende AVB über Art. 1 Abs. 3 EGVVG in das neue Recht anzupassen und die notwendigen betriebsorganisatorischen Änderungen vorzunehmen.
Rz. 209
Mit Ablauf der Übergangszeit, also zum 1.1.2009, ist das neue VVG auch auf Altverträge anzuwenden, außer es ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 EGVVG und Art. 2–6 EGVVG etwas anderes. Im Hinblick auf die Krankenversicherung ist insoweit insbesondere Art. 2 Nr. 2 EGVVG relevant, der folgende Sonderregelung enthält:
Zitat
Auf Altverträge sind die folgenden Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes bereits ab 1.1.2008 anzuwenden:
1. |
… |
2. |
… die §§ 192–208 für die Krankenversicherung, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer die aufgrund dieser Vorschriften geänderten Allgemeinen Versicherungsbedingungen und Tarifbestimmungen unter Kenntlichmachung der Unterschiede spätestens einen Monat vor dem Zeitpunkt in Textform mitgeteilt hat, zu dem die Änderungen wirksam werden sollen … |
Rz. 210
Dieses besondere Anpassungsrecht bezieht sich jedoch ausschließlich auf die §§ 192–200 VVG. Bezüglich aller anderen Neuregelungen, die für das Krankenversicherungsrecht bedeutsam sind, insbesondere der Vorschriften des Allgemeinen Teils, bleibt es bei der Grundregel des Art. 1 Nr. 3 EGVVG. Eine Bedingungsanpassung war insoweit erst zum 1.1.2009 möglich.
Rz. 211
Von grundsätzlicher Bedeutung, gerade auch in der Krankenversicherung, ist der in Art. 1 Abs. 2 EGVVG geregelte Ausnahmefall, wonach bei Vorliegen eines Altvertrages bei einem bis zum 31.12.2008 eingetretenen Versicherungsfall "insoweit" das VVG a.F. weiter anwendbar ist.
Festzustellen ist daher bei Sachverhalten mit Altverträgen immer zunächst der Zeitpunkt des Versicherungsfalles, der, falls er streitig ist, von demjenigen zu beweisen ist, für den der Eintritt zu einem bestimmten Zeitpunkt günstig ist.