Rz. 75

Erstmals wurde mit der am 1.1.2009 in Kraft getretenen Regelung des § 193 Abs. 3 VVG eine Verpflichtung zum Abschluss einer privaten Krankheitskostenversicherung eingeführt, soweit kein anderweitiger Versicherungsschutz bestand, der der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht entsprach.

 

Rz. 76

Eines der Kernziele der Gesundheitsreform 2007 war es, einen Krankenversicherungsschutz für alle sicherzustellen. Umgesetzt wurde dieses Ziel zunächst mit der Verabschiedung des GKV-WSG. Die Neuregelungen für das Versicherungsvertragsverhältnis wurden insoweit gem. Art. 11 VVG-Reformgesetz in das VVG eingefügt und traten gem. Art. 12 Abs. 2 VVG-Reformgesetzes zum 1.1.2009 in Kraft.

 

Rz. 77

Der gesetzlich normierten Krankenversicherungspflicht kann unabhängig von einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung entweder mit dem Abschluss eines privaten Krankenversicherers im zum 1.1.2009 eingeführten Basistarif oder eines anderweitigen privaten Krankenversicherungsvertrages nachgekommen werden, soweit dieser die in § 193 Abs. 3 S. 1 VVG festgelegten Mindestvoraussetzungen erfüllt. Danach ist ein Versicherungsschutz in Tarifen erforderlich, die eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung vorsehen, wobei maximal ein Selbstbehalt in Höhe von 5.000 EUR je Kalenderjahr vereinbart werden kann.

Soweit ein Beihilfeanspruch besteht, beschränkt sich die Versicherungspflicht auf den von der Beihilfe nicht übernommenen Anteil.

 

Rz. 78

Grundsätzlich sind alle Personen versicherungspflichtig, die einen Wohnsitz in Deutschland haben mit Ausnahme der Personen, die eine andere Absicherung im Krankheitsfall haben, wie § 193 Abs. 3 Nr. 1–4 VVG bei Bestehen einer Versicherung oder der Versicherungspflicht in der GKV, bei Bestehen eines Anspruches auf freie Heilfürsorge, bei Bestehen eines Anspruches auf Leistungen nach § 2 des AsylbLG sowie bei Bestehen eines Anspruches auf laufende Leistung in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und Hilfe zur Pflege im Sinne vom 7. Kapitel des SGB XII.

 

Rz. 79

Wer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat gem. § 193 Abs. 4 VVG einen Prämienzuschlag zu zahlen. Der Zuschlag wird berechnet aus der vollen Monatsprämie zum Zeitpunkt des Beginnes der Versicherung. Gemäß § 193 Abs. 4 S. 2 VVG beträgt dieser einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung und ab dem 6. Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung 1/6 eines Monatsbeitrages. Bei nicht möglicher Ermittlung der Dauer der Nichtversicherung wird gesetzlich unterstellt, dass der Versicherte mindestens 5 Jahre nicht versichert war. Eine Stundung des Betrages ist möglich, allerdings bei im Gegenzug geschuldeter Verzinsung.

 

Rz. 80

Als Gegenstück zur Versicherungspflicht wurde ein Annahmezwang des Versicherers im Basistarif für Versicherte in § 193 Abs. 5 VVG gesetzlich festgelegt, die einen Krankheitskosten­versicherungsvertrag nach dem 1.1.2009 abgeschlossen haben. Der Kontrahierungszwang des Versicherers bezieht sich daher nur auf sog. Neukunden.

 

Rz. 81

Gemäß § 193 Abs. 5 S. 4 VVG darf ein Antrag auf Versicherung im Basistarif im Übrigen nur abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits bei dem Versicherer versichert war und der Versicherer den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder ärztlicher Täuschung angefochten oder vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.

 

Rz. 82

Nach einem Urteil des BGH[52] besteht kein Anspruch auf Aufnahme in den Basistarif der privaten Krankenversicherung jedoch für solche Personen, die Empfänger laufender Leistungen nach dem 3., 4., 6. oder 7. Kapitel des SGB XII sind und die ohne den Bezug von Sozialhilfe der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung i.S.v. § 193 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VVG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b SGB V unterliegen würden. Dies gilt entgegen dem Wortlaut von § 193 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und 1, Abs. 5 S. 1 Nr. 2 VVG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b, Abs. 8a S. 2 SGB V gleichermaßen auch für Personen, deren Leistungsbezug erstmals ab dem 1.1.2009 begonnen hat.

Der BGH stützt sich insoweit auf die Gesetzesbegründung, aus der sich nicht ergibt, dass durch die Regelung über die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für die Krankenbehandlung in § 5 Abs. 8 Buchst. a SGB V und den dadurch bedingten Ausschluss der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zugleich ein Anspruch auf Aufnahme in den Basistarif der privaten Krankenversicherung geschaffen werden sollte. Auch dürften sich die zuständigen Sozialämter nicht ihrer eigenen Verpflichtung aus § 48 SGB XII i.V.m. § 264 SGB V entziehen, indem sie Sozialhilfeempfänger auf den Basistarif der privaten Krankenversicherung verweisen.

Eine Versicherung im Basistarif kommt daher – wie auch sonst im Übrigen gesetzlich vorgesehen – nur bei einer grundsätzli...

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