Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 109
Inzwischen ist bereits einige Rechtsprechung zur elektronischen Einreichpflicht in Zwangsvollstreckungsverfahren ergangen. Die nachstehende Auswahl zeigt, dass insbesondere auch Behörden offenbar häufig übersehen, dass sie von der elektronischen Einreichpflicht gem. § 130d ZPO betroffen sind.
Zitat
"1. Nach § 130d ZPO müssen unter anderem einzureichende Anträge, die durch eine Behörde eingereicht werden, als elektronisches Dokument übermittelt werden (Rn 3)."
2. Vollstreckungsbehörde ist bei Zwangsgeldern nach § 2 Nr. 2 EBAO diejenige Behörde oder Dienststelle der Behörde, die auf die Verpflichtung zur Zahlung des Geldbetrages erkannt hat. Der Behördenbegriff ist dabei funktional zu verstehen, sodass auch – bzw. insbesondere – Gerichte als Vollstreckungsbehörde handeln können (Rn 4)."
Rz. 110
Sind von der Behörde Dienstsiegel und einfache elektronische Signatur angebracht, reicht dies bei einer "Behördenvollstreckung" nach Ansicht des LG Frankenthal aus. Das AG Bonn vertritt dementgegen jedoch die Auffassung, dass die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2014 keine analoge Anwendung auf die zwingend durchzuführende elektronische Übermittlung von Vollstreckungsaufträgen an den Gerichtsvollzieher gem. §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG, 753 Abs. 4, 5, 130a, 130d ZPO finden würde. Da § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO lediglich die einfache elektronische Signatur fordert, bedürfe es folglich einer Anbringung eines die Unterschrift ersetzenden Dienstsiegels gem. § 6 Abs. 3 S. 2 JBeitrG auf dem elektronischen Dokument nicht. Hier ist nach unserer Auffassung zu unterscheiden, ob dadurch der Vollstreckungsauftrag als solcher eine titelersetzende Funktion hat oder nicht. Nach Auffassung des AG Düsseldorf sind Haftbefehlsanträge nach § 5a Abs. 4 S. 6 VwVG-NRW durch Behörden seit dem 1.1.2022 nur noch elektronisch einzureichen und zwingend mit qualifizierter elektronischer Signatur zu versehen, da eine Übermittlung über das beBPo mit lediglich einfacher Signatur nicht das materiell-rechtliche Schriftformerfordernis des § 5a Abs. 4 S. 6 VwVG-NRW erfüllt, weil die einfache elektronische Signatur mit Versand aus dem beBPo nicht geeignet ist, dem Vollstreckungsauftrag die titelersetzende Qualität zu verleihen. Aufgrund strittiger Rechtsprechung zu der Frage, ob bei elektronischer Einreichung via beBPo als sicherem Übermittlungsweg ein elektronisches Dienstsiegel erforderlich ist oder aber die einfache elektronische Signatur ausreicht, wurde inzwischen vom LG Hagen, das die Anbringung eines Dienstsiegels für erforderlich hält, die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Rz. 111
Die Weigerung eines Gerichtsvollziehers zur Durchführung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die durch eine Behörde nicht elektronisch beantragt wurde, ist nach Ansicht des AG Köln berechtigt. Das AG Köln zur Auslegung des § 130d ZPO (Rn 11–12 des Urteils):
Zitat
"Die Auslegung des Wortlauts des § 130d ZPO ergibt zunächst, dass alle Behörden unterschiedslos zur Einreichung auf elektronischen Wegen verpflichtet sind. Auch der Gesetzesbegründung ist nichts Anderweitiges zu entnehmen. Zwar ist der Gläubigerin zuzustimmen, dass in der Gesetzesbegründung auch auf § 2 Abs. 1 EGovG Bezug genommen wird. Trotzdem heißt es auch in der Begründung ausdrücklich, dass alle Behörden zur elektronischen Einreichung verpflichtet seien:"
"[…] Daher erscheint es gerechtfertigt, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse ab 1.1.2022 zur Nutzung sicherer elektronischer Übermittlungswege für die Kommunikation mit der Justiz zu verpflichten. Um den elektronischen Rechtsverkehr zu etablieren, sieht Satz 1 eine Pflicht für alle Rechtsanwälte und Behörden vor, Schriftsätze. Anträge und Erklärungen den Gerichten nur noch in elektronischer Form zu übermitteln. […]"
(vgl. BT-Drucks 17/12634, S. 27)
12 Weder in der Gesetzesbegründung noch im Wortlaut der Norm wird ausdrücklich Bezug auf Behörden im Sinne der EGovG genommen. Im Gegenteil heißt es ausdrücklich, dass eine Pflicht für alle Behörden gelte."
Rz. 112
Nach dem AG Meißen ist die GEZ ebenso wie der "M." (mutmaßlich MDR) Behörde und muss daher ebenfalls die Pflicht zur elektronischen Einreichung beachten; die Angabe als Auftraggeber "Die Intendantin" ist nach Ansicht des AG Meißen ausreichend, da aus allgemein zugänglichen Quellen sofort und unzweifelhaft zu entnehmen sei, wer Intendantin ist."
Rz. 113
Auch staatsanwaltschaftliche Vollstreckungsaufträge einer Geldstrafe § 459 StPO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG i.V.m. § 753 Abs. 5 ZPO sind zwingend elektronisch zu beauftragen.
So auch das AG Neuss: