Dr. Martin Feick, Lisa Hammes
Rz. 108
Werden Gesellschaftsanteile verschenkt, ist die Vereinbarung eines freien Widerrufsrechts noch aus anderen Gründen problematisch: Soll der Beschenkte bspw. in den Familienbetrieb einsteigen und soll seine Motivation durch die schenkweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen gesteigert werden, so sind recht schnell Situationen denkbar, in denen die finanzielle Existenz des Beschenkten von dem Geschenk abhängt. Aus diesem Grund hat sich die Diskussion über die Sittenwidrigkeit von Schenkungsvereinbarungen auf den Bereich des Gesellschaftsrechts konzentriert, in dem der BGH seit den späten 70er Jahren für die Hinauskündigung eines Gesellschafters das Vorliegen bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen verlangt. Danach ist eine Hinauskündigungsklausel, die die Kündigung in das freie Ermessen eines anderen Gesellschafters stellt, nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände zulässig. Das Gleiche gilt für die Frage der Abfindung, zu der die Rechtsprechung ebenfalls einen weitgehenden Schutz des Gesellschafters entwickelt hat.
Rz. 109
Daneben scheint auch die Gefahr der Umgehung der gesellschaftsrechtlichen Schutzrechte auf der Hand zu liegen: Der geschenkte Gesellschaftsanteil könnte bei einem freien Widerrufsrecht zur Mitgliedschaft minderen Rechts verkommen. Der Überlegung, dass als Mittel gegen mögliche Umgehungen der gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen das Schenkungsrecht eingeschränkt werden müsse, wenn Gesellschaftsbeteiligungen verschenkt werden, ist der BGH jedoch in der bekannten Benteler-Entscheidung entgegengetreten. Nach den Grundsätzen dieser Entscheidung muss das Schenkungsverhältnis streng vom Gesellschaftsverhältnis getrennt werden: Im Gesellschaftsverhältnis bleibt der oben dargestellte Schutz bestehen, jedoch können die Gesellschafterrechte aus dem Schenkungsverhältnis entzogen werden, ohne dass es danach zu einer Übertragung der gesellschaftsrechtlichen Grundsätze auf das Schenkungsrecht kommt.
Rz. 110
Im Nachgang dieser Entscheidung stellte sich vermehrt die Frage, ob ein freies, auf lange Frist gewährtes Rückabwicklungsrecht zulässig ist. Nach überwiegender Ansicht bestehen generell keine zivilrechtlichen Bedenken gegen ein freies Rückforderungsrecht. Allerdings birgt ein solches für den Erwerber ein hohes Risiko. Das freie Rückforderungsrecht kann bei Überschuldung des Schenkers gepfändet werden. Darüber hinaus wird der Beschenkte kein Mitunternehmer i.S.d. § 15 EStG, wenn die Übertragung unter dem Vorbehalt einer jederzeitigen Rückforderung steht. Zugleich hat dies schenkungsteuerliche Auswirkungen, da kein begünstigungsfähiges Betriebsvermögen i.S.d. § 13a ErbStG auf den Beschenkten übergeht. Daher sollte in derartigen Fällen entweder die Frist zur Rückabwicklung auf unter zehn Jahre verkürzt oder auf ein freies Rückabwicklungsrecht zugunsten eines abschließenden Voraussetzungskatalogs verzichtet werden.