Dr. Martin Feick, Lisa Hammes
Rz. 48
Das gesetzlich nicht definierte Leibgeding/Altenteil entstammt dem Bereich landwirtschaftlicher Betriebsübergaben und stellt einen Inbegriff von dinglich gesicherten Nutzungsrechten und Leistungen dar, die der allg. Versorgung des Übergebers dienen und eine Verknüpfung des Übergebers mit dem belasteten Grundstück/Hofgut – im Allgemeinen auf die Lebensdauer des Übergebers – bezwecken. Insb. im ländlichen Bereich spielt das Leibgeding/Altenteil in der notariellen Praxis noch eine durchaus bedeutende Rolle.
Rz. 49
Wichtiger Bestandteil von Leibgedingen/Altenteilen ist die Reallast gemäß §§ 1105 ff. BGB. Eine durch Reallast gesicherte Verpflichtung zur Gewährung einer Wohnung ist – anders als das Wohnrecht – vom Bestand des Gebäudes unabhängig und bleibt von seiner Zerstörung unberührt, da die Reallast zur Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit verpflichtet. Andererseits ist bei der Wohnreallast der Eigentümer lediglich verpflichtet, allg. und nicht an bestimmten Räumen dem Berechtigten Wohnraum zu gewähren. Die Reallast dient daher in der Praxis in erster Linie zur dinglichen Sicherung vereinbarter Pflegeleistungen sowie von Leistungen in Geld, z.B. für Nebenkosten des Wohnrechts, für Krankheitskosten oder für die Versorgungsrente. Bei Abschluss eines Leibgedings/Altenteils ist zudem Landesrecht zu beachten. Art. 96 EGBGB gewährt die Möglichkeit von landesgesetzlichen Regelungen zu Altenteilsverträgen. Hiervon haben die meisten Bundesländer Gebrauch gemacht.
Rz. 50
Werden in einem Altenteilsvertrag Pflegeverpflichtungen übernommen, ist darauf zu achten, diese möglichst konkret zu formulieren, um einerseits Streitigkeiten zu vermeiden und andererseits die Eintragungsfähigkeit im Grundbuch (Reallastfähigkeit) zu gewährleisten. Dies gilt selbstverständlich auch, wenn eine Verpflichtung zu Pflegeleistungen an eine "gewöhnliche" Übergabe gekoppelt wird.
Rz. 51
Unbedingt geregelt werden sollten auch die Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Leistungsstörungen insb. im Zusammenhang mit übernommenen Pflegeleistungen. Bei Leistungsstörungen sollte sich ggf. der Übergeber zur Absicherung umfangreiche Rückforderungsrechte (vgl. unten Rdn 104 ff.) vorbehalten, um die Nichterfüllung oder Schlechterfüllung der Pflegeverpflichtungen durch Rückgängigmachen der Übertragung sanktionieren zu können.
Rz. 52
In der Praxis sind Formulierungen zur möglichst genauen Beschreibung der geschuldeten Pflegeleistungen schwierig. Dennoch ist sich darum zu bemühen, möglichst differenzierte Vorgaben zu machen. Zur Streitvermeidung kann auch geregelt werden, dass im Wege einer Schiedsgutachterklausel der behandelnde Hausarzt oder ein neutraler dritter Arzt verbindlich zu entscheiden hat, welche Pflegeleistungen erforderlich und zumutbar sind.
Rz. 53
Da der Altenteilsvertrag/Leibgeding, wie eingangs dargestellt, einen Inbegriff von dinglich gesicherten Nutzungsrechten und Leistungen darstellt, kann dessen ertrag- und erbschaftsteuerliche Behandlung nicht allg. dargestellt werden. Hier muss im Einzelfall geprüft werden, welche Gegenleistungen vom Übernehmer übernommen wurden. Wenn also Bestandteil des Altenteilsvertrag/Leibgedings ein Wohnrecht ist, gelten insoweit die Ausführungen zur zivilrechtlichen und steuerlichen Behandlung des Wohnrechts (vgl. hierzu Rdn 29 ff.). Wenn Versorgungsleistungen übernommen werden, finden – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – die Grundsätze zur Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen Anwendung (vgl. hierzu Rdn 35 ff.).