Rz. 10

Anders ist die rechtliche Situation, wenn nur der Kläger die Erledigung erklärt, der Beklagte ihr jedoch widerspricht. In diesem Fall spricht man von der einseitigen Erledigungserklärung. Diese kann nur vom Kläger ausgesprochen werden. Eine einseitige Erledigungserklärung durch den Beklagten ist wirksam nicht möglich, da der Kläger über den Streitgegenstand disponieren darf, nicht aber der Beklagte, der nach zivilprozessualen Grundsätzen insoweit in eine passive Stellung gedrängt ist.

 

Rz. 11

Liegt nur eine einseitige Erledigungserklärung vor, ist kein Fall des § 91a ZPO gegeben. Die Rechtsprechung behandelt die einseitige Erledigungserklärung vielmehr als sachdienliche und daher zulässige Klageänderung. Die Erledigungserklärung wird dahin ausgelegt, dass der Kläger nunmehr statt des bisherigen Klageziels den Antrag auf Feststellung stellt, dass die Klage in der Hauptsache erledigt sei. Der bisherige Klageantrag wandelt sich damit in einen Feststellungsantrag. Das Gericht hat nunmehr zu prüfen, ob zum einen ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, zum anderen, ob die Klage vor dem erledigenden Ereignis zulässig und begründet war. Es muss also das Verfahren normal weiterführen und insbesondere die angebotenen Beweise erheben. Die Entscheidung ergeht im Gegensatz zur beiderseitigen Erledigungserklärung nicht durch Beschluss, sondern als Urteil.

 

Beispiele:

A verklagt B auf Zahlung von 6.000,00 EUR Kaufpreis. B zahlt vor Zustellung der Klage, woraufhin A den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte hier vor der Zustellung der Klage, so dass sie kein erledigendes Ereignis ist. Das Gericht würde also die Erledigungserklärung des A als Feststellungsantrag auslegen, müsste die Feststellungsklage dann jedoch abweisen, weil eine Erledigung im prozessualen Sinn tatsächlich nicht stattgefunden hat.

Bestreitet B den Anspruch wegen von ihm behaupteter und unter Beweis gestellter, von A jedoch bestrittener Sachmängel, zahlt dann aber gleichwohl, wobei er einer Erledigungserklärung des A widerspricht, liegt ein erledigendes Ereignis vor, da die Zahlung nach Zustellung der Klage erfolgt ist.

Das Gericht wird nun prüfen, ob die Klage des A zulässig und begründet war. Dazu wird es Beweise über die von B behaupteten Sachmängel erheben müssen. Erst nach der Beweisaufnahme wird es durch Urteil entscheiden, ob der Rechtsstreit durch die Zahlung des B tatsächlich erledigt worden ist – in diesem Fall ergeht ein entsprechendes Urteil zugunsten des A – oder ob es die Klage im Feststellungsantrag abweisen muss.

Die Kosten folgen im Fall der einseitigen Erledigungserklärung den üblichen Regeln, d.h. die Parteien werden im Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen zur Kostentragung herangezogen.

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