Rz. 489
Die Durchsetzung der Pflichtteilsrechte erfolgt gem. Art. 817 CC durch Klage auf Herabsetzung der testamentarischen Verfügungen, soweit sie die Noterbteile beeinträchtigen. Der rechtliche Charakter der Herabsetzungsklage ist gemischt: Sie hat Feststellungs- wie auch Leistungscharakter. Hat ein Noterbe – aus Schenkung, Erbeinsetzung und Vermächtnis – weniger als seinen Noterbteil erhalten, kann er dessen Ergänzung verlangen, Art. 815 CC.
Rz. 490
Die Durchsetzung der Pflichtteile erfolgt durch auf Herabsetzung der testamentarischen Verfügungen und auf Herausgabe des entsprechenden Nachlassteils gerichtete Gestaltungs- und Leistungsklage. Dabei werden sämtliche Verfügungen von Todes wegen proportional, also zu gleicher Quote herabgesetzt. Um die Abkömmlinge nicht zur Klage zu zwingen, enthält die Erbeinsetzung regelmäßig einen Vorbehalt zugunsten der Noterbrechte. Hat der Erblasser angeordnet, dass ein bestimmtes Vermächtnis Vorrang vor den anderen hat (Art. 820 Nr. 2 Abs. 2 CC), wird das begünstigte Vermächtnis erst dann herabgesetzt, wenn die Noterbteile noch nicht wiederhergestellt worden sind, obgleich die übrigen letztwilligen Verfügungen bereits vollständig beseitigt wurden.
Rz. 491
Sind sämtliche letztwilligen Verfügungen aufgehoben, ohne dass die Pflichtteile der Pflichtteilsberechtigten dadurch vollständig wiederhergestellt worden sind, werden die lebzeitigen Schenkungen des Erblassers angegangen. Aus Art. 656 CC ergibt sich, dass diese in zeitlicher Reihenfolge, beginnend mit der zeitlich zuletzt vorgenommenen Schenkung, herabzusetzen sind. Mehrere zugleich vorgenommene Schenkungen werden zu gleichen Anteilen gekürzt.
Rz. 492
Sonderregeln gelten für das Vermächtnis eines Nießbrauchs bzw. einer Leibrente, welches die verfügbare Quote übersteigt. Hier müssen die Noterben gem. Art. 820 Nr. 3 CC wählen, ob sie die Rente zahlen bzw. den Nießbrauch dulden oder dem Vermächtnisnehmer den disponiblen Teil des Nachlasses überlassen. Ein Grundstück, dessen Teilung untunlich wäre, verbleibt beim Legatar, wenn die Herabsetzung den halben Wert des Grundstücks nicht erreicht; geht die Herabsetzung über den halben Wert hinaus, steht es insgesamt den Noterben zu, der jeweils verbleibende Überschuss ist gem. Art. 821 Abs. 1 CC den Noterben bzw. dem Legatar auszuzahlen. Der selber noterbberechtigte Legatar kann seinen Pflichtteil dazu einsetzen, um die Sache zu behalten, und die disponible Quote hier um die ihm zustehende Noterbquote aufstocken, Art. 821 Abs. 2 CC.
Rz. 493
Das Pflichtteilsrecht verjährt in 30 Jahren. Mangels einer Sondervorschrift gelten insoweit die Verjährungsvorschriften für den Erbschaftsanspruch.