Dr. Joachim Wichert, Walter Krug
Rz. 44
Bezüglich der Konstituierung des Schiedsgerichts und sich hieraus eventuell ergebender Probleme ist Folgendes zu unterscheiden:
Rz. 45
Setzt der Erblasser im Wege der Schiedsklausel bereits ein Schiedsgericht ein, entstehen hierdurch keine Probleme. Der Erblasser gibt die Zusammensetzung des Schiedsgerichts vor, an die die Beteiligten gebunden sind.
Anders ist es, wenn mehr als zwei Erben entstandene Streitigkeiten mit Hilfe eines Schiedsgerichts austragen wollen und eine entsprechende Schiedsvereinbarung schließen.
Die Konstituierung des Schiedsgerichts im Falle der Beteiligung mehrerer Personen an einem Verfahren und die Intervention eines Dritten stellen die zentralen Punkte dar, mit denen man sich hier zu befassen hat und die auch von einzelnen Schiedsordnungen geregelt sind. Insbesondere aber ist die Zahl der Schiedsrichter im Fall der Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit ein besonders gravierendes Problem, denn für dessen Lösung sind die dogmatischen Grundlagen des Rechts jeder Partei, ihren Schiedsrichter zu benennen, zu berücksichtigen und zugleich die Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes zu beachten; beides sind elementare Bedingungen jedes rechtsstaatlichen Schiedsverfahrens.
Rz. 46
Schwab definiert wie folgt: Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit im engeren Sinne liegt vor, wenn auf der Kläger- oder Beklagtenseite mehrere Personen stehen, wobei es um ursprüngliche oder nachträgliche Streitgenossenschaft geht. Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit sei anzunehmen, wenn ein Dritter in das Verfahren freiwillig oder aufgrund der Streitverkündung eintrete, wobei es sich aber nicht um eine echte Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit handle, denn der Nebenintervenient sei keine Hauptpartei, sondern nur Streithelfer der Partei.
Anders ausgedrückt:
Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit im engeren Sinne = zwischen den Streitgenossen liegen gemeinsame Interessen vor.
Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit im weiteren Sinne = zwischen den Streitgenossen liegen gegensätzliche Interessen vor.
Rz. 47
Damit stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Streitgenossenschaft im Rahmen des Schiedsverfahrens überhaupt möglich ist. Dies ist dann der Fall, wenn jeder Streitgenosse von der Schiedsklausel gebunden wird und wenn das eingesetzte Schiedsgericht für jeden Streit der Streitgenossen zuständig ist. Nicht notwendig ist eine materiellrechtliche Beziehung zwischen den verbundenen Prozessen, vielmehr kann die bloße Gleichartigkeit des rechtlichen oder tatsächlichen Grundes ausreichen, um eine gemeinschaftliche Schiedsklage zu rechtfertigen.
Rz. 48
Da aber im Erbrecht so gut wie immer materiellrechtliche Beziehungen unter den Streitgenossen bestehen, ist hier eine Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit grundsätzlich als möglich anzusehen.
Von zentraler Bedeutung ist dann die Frage, wer in welcher Weise die Schiedsrichter benennt. Dabei wird an das materielle Recht angeknüpft: Mehrere Personen benennen einen gemeinsamen Schiedsrichter, wenn diese mehreren Personen ein bestimmtes materielles Recht nur gemeinschaftlich ausüben dürfen. Falls nur durch das Mitwirken aller die materiellrechtliche Verfügung erlaubt ist, ist auch die gemeinsame prozessrechtliche Verfügung geboten, die sich gerade durch die Ernennung eines Schiedsrichters offenbart.
Rz. 49
Am häufigsten dürfte § 2040 BGB betroffen sein, wonach nur alle Miterben gemeinsam über einen Nachlassgegenstand verfügen können. Dies hat Bedeutung bei der Erbauseinandersetzung, wo im Ergebnis alleinige Rechtsinhaberschaft des einzelnen Miterben an einem bisher gemeinschaftlichen Gegenstand erzielt werden muss.
Damit ist für den wichtigsten Fall des Streites über die Nachlassteilung die Konstituierung eines Mehrparteienschiedsgerichts möglich.
Rz. 50
Schiedsrichterlisten, aus denen Schiedsrichter ausgewählt werden können, sind so lange nicht zu beanstanden, als ein ausreichender Auswahlspielraum bleibt und nicht ein Übergewicht einer Partei mittels der Schiedsrichterliste eingeführt wird.