Rz. 269
Da beim Unterhaltsverpflichteten eine Vorschrift wie § 1579 Nr. 3 BGB für den Bedürftigen fehlt, ist grds. eine Leistungsunfähigkeit selbst dann zu beachten, wenn der Verpflichtete sie herbeigeführt hat. Allerdings ist dem Verpflichteten die Berufung auf die Leistungsunfähigkeit gem. § 242 BGB zu versagen, wenn er sie – bei einer wertenden Gesamtbetrachtung – verantwortungslos, mindestens aber leichtfertig herbeigeführt hat. In solchen Fällen ist dem Verpflichteten die Berufung auf die Leistungsunfähigkeit verwehrt und er muss sich hypothetische Einkünfte zurechnen lassen. Hierunter kann es insb. fallen, wenn der Verpflichtete ohne wichtigen Grund seine Arbeitsstelle aufgibt bzw. seine Arbeitskraft nicht so gut wie möglich einsetzt.
Wird der Verpflichtete unverschuldet arbeitslos, so verlangt die Rspr. von ihm unter sehr hohen Anforderungen den Nachweis der Arbeitsplatzsuche, ansonsten bestehen Anknüpfungspunkte für eine Einkommensfiktion. Danach genügt die Meldung bei der Bundesagentur für Arbeit nicht, vielmehr hat der Verpflichtete sich durch eigene Bewerbungen um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen.
Hinweis
Auch die selbstverschuldete Leistungsunfähigkeit ist – außer bei verantwortungslosem, mindestens leichtfertigem Handeln – zu beachten.
Rz. 270
Eine nach Erreichen der Regelaltersgrenze ausgeübte Erwerbstätigkeit ist i.d.R. überobligatorisch. In welchem Umfang eine Anrechnung erfolgt, ist nach Treu und Glauben unter Billigkeitsgesichtspunkten nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei das Alter, die körperliche und geistige Belastung, die ursprüngliche Lebensplanung, die Höhe der Altersvorsorge und das Ergebnis des Versorgungs- und Zugewinnausgleichs als Kriterien zu berücksichtigen sind.
Rz. 271
Eine trotz Erkrankung ausgeübte Erwerbstätigkeit kann ebenfalls überobligatorisch sein, so dass daraus erzielte Einkünfte daher nicht oder nur teilweise anzurechnen sind.
Rz. 272
Nach der sog. "Hausmann-Rspr." des BGH kann ein Unterhaltspflichtiger, der in der geschiedenen Ehe die Familie durch Erwerbstätigkeit erhalten hat, nicht in der neuen Ehe die Rolle des die Familie Betreuenden einnehmen, sondern muss die Erwerbstätigkeit mit Rücksicht auf den Unterhalt der geschiedenen Familie beibehalten. Eine Ausnahme gilt nur, wenn in der neuen Ehe der Unterhalt wesentlich günstiger gestaltet werden kann, sofern der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen erwerbstätig ist. Die zum Kindesunterhalt ergangene Rspr. findet auch beim Ehegattenunterhalt Beachtung.