Rz. 1

Nach § 17 Nr. 5 RVG gilt das ordentliche Verfahren, das nach Abstandnahme vom Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess anhängig bleibt, bzw. das Nachverfahren nach Erlass eines Vorbehaltsurteils als neue selbstständige Gebührenangelegenheit. Die Vorschrift spricht zwar nur von Urkunden- und Wechselverfahren und erwähnt das Scheckverfahren nicht. Da es sich jedoch bei dem Scheckverfahren lediglich um eine besondere Art des Urkundenverfahrens handelt (§ 605a ZPO), ist es allgemeine Auffassung, dass § 17 Nr. 5 RVG auch für den Scheckprozess gilt.[1]

 

Rz. 2

Dies hat zur Folge, dass sämtliche Gebühren sowohl im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess einerseits als auch im ordentlichen Verfahren nach Abstandnahme oder nach Erlass eines Vorbehaltsurteils andererseits gesondert anfallen können. Auch die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV kann zweimal entstehen.[2]

 

Rz. 3

Die Vergütung im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess richtet sich nach Teil 3 VV. Insoweit sei ergänzend auf die Ausführungen in §§ 10 bis 17 dieses Werkes verwiesen.

 

Rz. 4

Der Anwalt erhält zunächst einmal eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, die sich bei mehreren Auftraggebern nach Nr. 1008 VV erhöhen kann. Allerdings ist in Vorbem. 3 Abs. 7 VV angeordnet, dass die Verfahrensgebühr, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess entstanden ist, auf die Verfahrensgebühr des Nachverfahrens oder des ordentlichen Verfahrens nach Abstandnahme angerechnet wird. Insoweit gilt § 15a Abs. 1 RVG (siehe hierzu § 5). Bis zum 31.12.2020 war diese Anrechnung in Anm. Abs. 2 zu Nr. 3100 VV geregelt. Dem Wortlaut hätte sie danach nur für das erstinstanzliche Verfahren gegolten. Da eine Abstandnahme auch noch in der Berufung möglich ist (siehe Rdn 26), hat der Gesetzgeber die Anrechnungsbestimmung in Vorbem. 3 Abs. 7 VV vorgezogen, sodass sie für alle Instanzen gilt.

 

Rz. 5

Neben der Verfahrensgebühr entsteht unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV, gegebenenfalls nach Nr. 3105 VV nur in Höhe von 0,5. Infolge des erweiterten Anwendungsbereichs der Terminsgebühr gegenüber der früheren Verhandlungsgebühr reicht auch schon die bloße Erklärung des Klägervertreters im Termin, er nehme vom Urkundenprozess Abstand, um dort die Terminsgebühr auszulösen.[3]

 

Rz. 6

Für die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) ist keine Anrechnung vorgesehen. Diese kann also sowohl im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess als auch im Nachverfahren oder im ordentlichen Verfahren nach Abstandnahme gesondert entstehen.

 

Rz. 7

Möglich ist darüber hinaus auch eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 ff. VV.

 

Rz. 8

Daneben erhält der Anwalt Ersatz seiner Auslagen nach Teil 7 VV. Insbesondere erhält der Anwalt jeweils eine gesonderte Postentgeltpauschale für den Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess einerseits und das Nachverfahren andererseits.[4] Soweit Kopien gefertigt werden, ist je Angelegenheit gesondert zu zählen.[5]

[1] AnwK-RVG/N. Schneider, Vorbem. 3 VV Rn 357; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Vorbem. 3 VV Rn 373.
[2] LG Kiel AnwBl 1979, 354; LG Aachen AnwBl 1969, 414.
[3] AnwK-RVG/N. Schneider, Vorbem. 3 VV Rn 367; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Vorbem. 3 VV Rn 378; N. Schneider, Terminsgebühr für übereinstimmende Erledigungserklärung und Abstandnahme vom Urkundenprozess?, AGS 2005, 99.
[4] LG Aachen AnwBl 1969, 414; LG Kiel AnwBl 1969, 354 = MDR 1969, 1021; LG München I AnwBl 1968, 238; AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 7001, 7002 Rn 37.
[5] Siehe hierzu § 38 Rdn 39, Beispiel 20.

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