Rz. 133
Nach § 927 ZPO kann ein Arrest oder eine einstweilige Verfügung wegen veränderter Umstände aufgehoben werden. Auch in diesem Fall ist das Anordnungs- und das Abänderungsverfahren eine Angelegenheit i.S.d. § 16 Nr. 5 RVG, und zwar unabhängig davon, ob das Arrest- oder Verfügungsgericht oder gem. § 927 Abs. 2, 2. Hs. ZPO ein davon abweichendes Gericht der Hauptsache entscheidet.
Rz. 134
Der Anwalt kann daher Verfahrens- und Terminsgebühr insgesamt nur einmal fordern. Soweit die Terminsgebühr bereits im Anordnungsverfahren bereits entstanden war, erhält der Anwalt keine weiteren Gebühren, es sei denn, es wird im Aufhebungsverfahren eine Einigung geschlossen, sodass dort noch die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV entsteht.
Beispiel 70: Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO
Gegen den Antragsgegner ist nach mündlicher Verhandlung eine einstweilige Verfügung ergangen (Streitwert: 50.000,00 EUR). Später beantragt er gem. § 927 ZPO die Aufhebung wegen veränderter Umstände. Das Gericht weist den Antrag nach mündlicher Verhandlung zurück.
Im Anordnungsverfahren hatten die beteiligten Anwälte bereits die 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) sowie die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV verdient:
Das Verfahren auf Abänderung wegen veränderter Umstände löst nach § 16 Nr. 5 RVG keine neue Angelegenheit aus, sodass die beteiligten Anwälte keine weitere Vergütung erhalten. Es bleibt vielmehr bei der im Anordnungsverfahren verdienten Vergütung:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.662,70 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
1.534,80 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
3.217,50 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
611,33 EUR |
Gesamt |
|
3.828,83 EUR |
Rz. 135
Sofern die Terminsgebühr im Anordnungsverfahren noch nicht angefallen war, entsteht sie jetzt im Aufhebungsverfahren.
Beispiel 71: Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO mit mündlicher Verhandlung
Gegen den Antragsgegner war ohne Verhandlung eine einstweilige Verfügung ergangen (Streitwert: 50.000,00 EUR). Später beantragt er gem. § 927 ZPO die Aufhebung wegen veränderter Umstände. Das Gericht weist den Antrag nach mündlicher Verhandlung zurück.
Im Anordnungsverfahren (I.) hatten die beteiligten Anwälte bereits die 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) verdient:
I. |
Anordnungsverfahren |
|
|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.662,70 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.682,70 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
319,71 EUR |
Gesamt |
|
2.002,41 EUR |
Im Verfahren auf Abänderung wegen veränderter Umstände (II.) kommt jetzt noch eine 1,2-Terminsgebühr hinzu, sodass folgende Schlussrechnung zu erteilen ist:
II. |
Verfahren auf Abänderung wegen veränderter Umstände |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.662,70 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
1.534,80 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
4. |
./. bereits im Anordnungsverfahren abgerechneter Vergütung (netto) |
|
– 1.682,70 EUR |
|
Zwischensumme |
1.534,80 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
291,61 EUR |
Gesamt |
|
1.826,41 EUR |
Gesamt I. + II. |
|
3.828,82 EUR |
Rz. 136
War der Arrest oder die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung ergangen und ist zunächst gem. § 924 ZPO Widerspruch eingelegt und durch Urteil zurückgewiesen worden und wird dann später nach § 927 ZPO Abänderung beantragt, zählen alle drei Verfahren als eine Angelegenheit, in der die Gebühren nur einmal entstehen können.
Beispiel 72: Urteil nach Widerspruch und Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO
Gegen den Antragsgegner war ohne Verhandlung eine einstweilige Verfügung ergangen (Streitwert: 50.000,00 EUR). Dagegen legt er Widerspruch ein, über den nach mündlicher Verhandlung entschieden wird. Später beantragt der Antragsteller die Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 926 Abs. 2 ZPO. Das Gericht hebt nach mündlicher Verhandlung die einstweilige Verfügung durch Urteil auf.
Insgesamt liegt nur eine einzige Angelegenheit vor. Abzurechnen ist wie im Beispiel 71.
Rz. 137
Gesonderte Gebühren können dann anfallen, wenn zwischen Anordnung und Abänderungsantrag mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (§ 15 Abs. 5 S. 2 RVG). Die Regelung des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG geht der des § 16 Nr. 5 RVG vor.
Beispiel 73: Abänderungsantrag nach mehr als zwei Kalenderjahren
Nach mündlicher Verhandlung war im Dezember 2019 eine einstweilige Verfügung ergangen (Wert: 50.000,00 EUR). Im Januar 2022 beauftragt der Antragsgegner die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände. Das Gericht beraumt Termin zur mündlichen Verhandlung an, an der die Anwälte teilnehmen.
Für beide Anwälte war im Anordnungsverfahren bereits eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV sowie eine 1,2-Terminsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer entstanden....