Rz. 26
Die in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG geforderte Stimmrechtsbindung muss zusätzlich zu einer der genannten Varianten der Verfügungsbeschränkung in der Poolvereinbarung enthalten sein.
Das Petitum der Einheitlichen Stimmrechtsausübung bedeutet, dass die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zum Zwecke einer einheitlichen Willensbildung zurücktreten muss. Die Finanzverwaltung folgert hieraus (ohne Rücksicht auf den Gesetzeswortlaut), dass stimmrechtslose Anteile nicht zur Einbeziehung in Poolvereinbarungen geeignet seien. Das ist aber im Ergebnis wenig überzeugend. Denn § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG enthält für den eigentlichen Grundfall, also das Erreichen der Mindestbeteiligungsquote ohne Poolung, keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Ausstattung der Anteile; maßgeblich ist hier allein die Mindestbeteiligungsquote.
Warum für die Poolung anderes gelten soll, ist nicht nachvollziehbar. Außerdem kommen sowohl nach der Gesetzesbegründung als auch nach Meinung der Finanzverwaltung verschiedene Möglichkeiten der Sicherstellung einer einheitlichen Stimmrechtsausübung in Betracht, u.a. auch der Verzicht einzelner Gesellschafter auf ihr Stimmrecht. Wenn aber der Verzicht auf ein ursprünglich vorhandenes Stimmrecht ein taugliches Mittel zur Poolung von Beteiligungen darstellt, ist nicht nachzuvollziehen, warum der zum selben Ergebnis führende satzungsmäßige Stimmrechtsauschluss für die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes ausscheiden soll.
Rz. 27
Vor diesem Hintergrund sollten auch stimmrechtslose Gesellschaftsanteile (z.B. Vorzugsaktien) in Poolvereinbarungen einbezogen werden können. Die Forderung nach einer einheitlichen Stimmrechtsausübung läuft bei ihnen praktisch leer, so dass das entsprechende Tatbestandsmerkmal sozusagen automatisch erfüllt ist.
Bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien ist außerdem zu beachten, dass das Stimmrecht nicht unter allen Umständen ausgeschlossen ist. Denn bei mehrfachem Ausbleiben der Vorzugsdividende lebt es wieder auf (vgl. § 140 Abs. 2 AktG). Auch für diesen Fall sollte der Poolvertrag daher eine Reglung enthalten.
Rz. 28
Im Übrigen enthält das Gesetz für die vertraglichen Vereinbarungen über die Stimmrechtsbindung keine weiteren Vorgaben. Dessen ungeachtet dürften "ad-hoc-Stimmbindungen" nur für den jeweiligen Einzelfall den gesetzlichen Anforderungen sicherlich nicht genügen, so dass eine längerfristige Bindung erforderlich erscheint. Diese muss in jedem Fall die aus gesellschaftsrechtlicher Sicht zu beachtenden Grenzen für Stimmbindungsvereinbarungen berücksichtigen. Denn eine Stimmbindung kann von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nur insoweit gefordert werden, als diese auch gesellschaftsrechtlich zulässig ist.
Rz. 29
Zur praktischen Umsetzung der Stimmrechtsbindung können die Poolbeteiligten einen gemeinsamen Sprecher oder ein Aufsichts- bzw. Leitungsgremiums bestimmen, das dann mit den entsprechenden Stimmrechtsvollmachten versehen wird. Als Bevollmächtigte kommen hierbei nicht nur Anteilseigner, sondern auch Dritte in Betracht.
Die einheitliche Stimmrechtsausübung kann aber auch dadurch erreicht werden, dass einzelne Anteilseigner auf ihr Stimmrecht zugunsten der Poolgemeinschaft verzichten.
Rz. 30
Die einheitliche Stimmrechtsausübung muss nur gegenüber außenstehenden, also nicht selbst an der Poolvereinbarung beteiligten Gesellschaftern gewährleistet werden. Zur Art und Weise der Entscheidungsfindung innerhalb des Pools sagt das Gesetz nichts. Die Poolbeteiligten haben insoweit also eine große Gestaltungsfreiheit. Das gilt auch dann, wenn – was ausdrücklich zulässig ist – alle Gesellschafter durch die Poolvereinbarung gebunden sind und daher "nicht gebundene Gesellschafter" i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gar nicht (mehr) existieren.
Rz. 31
Die Poolvereinbarung muss schriftlich fixiert werden. Sie kann sich auch aus dem Gesellschaftsvertrag selbst ergeben. Der BFH hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass zivilrechtlich auch eine formlose, z.B. mündlich abgeschlossene, Poolvereinbarung möglich ist, eine schriftliche Dokumentation ist aber (auch aus außersteuerlichen Gründen) sinnvoll. In jedem Fall muss sie im Besteuerungszeitpunkt (nicht unbedingt vorher) wirksam bestehen. Eine vorgelagerte Mindestfrist ist gesetzlich nicht vorgesehen und kann demzufolge auch nicht verlangt werden.