Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1325
Die Ausgestaltung der Rückzahlungsklausel darf nicht zu einer übermäßigen Bindung des Arbeitnehmers an seinen Arbeitgeber führen. Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen. Die Rechtsprechung bemisst die maximal zulässige Bindungsdauer in Abhängigkeit zur Dauer der Bildungsmaßnahme und der Qualität der durch sie erworbenen Qualifikation. Folgende Leitlinien dienen dabei als Orientierungsmaßstab: Bei einer Ausbildungsdauer von bis zu einem Monat und bei bezahlter Freistellung während der Fortbildungsmaßnahme ist eine Bindungsdauer von bis zu sechs Monaten zulässig, bei einer Ausbildungsdauer von bis zu zwei Monaten eine einjährige Bindung und bei einer Ausbildungsdauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung. Beträgt die Ausbildungsdauer zwischen sechs und zwölf Monaten, ist eine Bindungsdauer von 36 Monaten zulässig. Eine fünfjährige Bindungsdauer setzt eine mehr als zwei Jahre andauernde Fortbildungsmaßnahme voraus. Über fünf Jahre hinausreichende Bindungsfristen sind wegen § 624 BGB unwirksam. Findet die Fortbildung nur in stunden- oder tageweisen Abschnitten statt, dann ist die tatsächlich aufgewendete Ausbildungszeit ins Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit zu setzen. Wird eine Fortbildungsmaßnahme in mehreren Abschnitten durchgeführt, so sind die zwischen den einzelnen Abschnitten liegenden Zeiträume bei der Berechnung der Gesamtdauer der Fortbildungsmaßnahme nicht mitzurechnen. Gewonnen ist damit nur ein Schema für den Regelfall; letztentscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls. Danach kann auch bei kürzerer Ausbildung eine längere Bindung zulässig sein, wenn der Arbeitgeber ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile bringt. Klauseln mit zu langer Bindungsdauer werden nicht auf das noch zulässige Maß reduziert, sondern sind insgesamt unwirksam. Der Arbeitgeber kann daher keine anteilige Rückzahlung verlangen. Unter Umständen ist jedoch ausnahmsweise eine beschränkte Aufrechterhaltung der Klausel per ergänzender Vertragsauslegung möglich (vgl. hierzu oben Rdn 209 f.). Der Fortbildungsvertrag als solcher bleibt dagegen von der Unwirksamkeit der Klausel unberührt. Er ist Rechtsgrund i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB, sodass keine gesetzliche Rückzahlungsverpflichtung besteht. Ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB ist ebenfalls ausgeschlossen. Ein Arbeitgeber kann die aufgewendeten Ausbildungskosten bei unwirksamer Rückzahlungsklausel auch nicht als Schadenersatz gem. § 280 BGB wegen der vorzeitigen Kündigung des Arbeitsvertrages liquidieren.
Rz. 1326
Der Rückzahlungsklausel muss des Weiteren eindeutig zu entnehmen sein, in welchen Fällen den Arbeitnehmer die Rückzahlungslast treffen soll. Der Rückzahlungsgrund darf nicht zu weit gefasst sein und muss stets danach differenzieren, in wessen Verantwortungs- und Risikobereich der Rückzahlungsgrund fällt. Der Arbeitnehmer muss es stets in der Hand haben, der Rückzahlungspflicht durch eigene Betriebstreue zu entgehen. Die Rückzahlungspflicht darf nur an Gründe anknüpfen, die der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen sind. Rückzahlungsklauseln, die eine Zahlungspflicht dagegen auch für Fälle vorsehen, in denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst wurde, sind zu weit gefasst und somit gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB insgesamt unwirksam. Zulässig ist die Vereinbarung eines Rückzahlungsvorbehalts für den Fall, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch eine eigene Kündigung beendet, ohne dass der Arbeitgeber hierfür einen wichtigen Grund gesetzt hat. Nichts anderes gilt, wenn auf Veranlassung des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgehoben wird. Allerdings muss eine Rückzahlungsklausel wegen einer Eigenkündigung Fälle ausklammern, in denen es dem Arbeitnehmer unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, da der Arbeitgeber hier kein berechtigtes Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hat, weil er die Arbeitsleistung ohnehin nicht abrufen könnte.
Spricht dagegen der Arbeitgeber die Kündigung aus, ist nach dem Kündigungsgrund zu differenzieren. Unzulässig ist eine Rückzahlungspflicht für den Fall der betriebsbedingten Kündigung. Entsprechendes gilt für eine personenbedingte Vertragsbeendigung, soweit es der Arbeitnehmer auch in diesem Fall nicht in der Hand hat, die Rückzahlungspflicht durch eigenes Verhalten zu vermeiden, wie z.B. bei der krankheitsbedingten Kündigung. Kündigt der Arbeitgeber dagegen (ordentlich oder außerordentlich) aus verhaltensbedingten Gründen, darf eine Kostenerstattung vorgesehen werden. Für unwirksam hielt das BAG eine Rückzahlungsklausel für den Fall, dass "das Arbeitsverhältnis vorzeitig bee...