Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1669
Der Arbeitsvertrag kann das Direktionsrecht des Arbeitgebers erweitern oder durch eine konkrete, sehr eng gefasste Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung einengen (vgl. Rdn 837 f.). Das Transparenzgebot verlangt von dem Verwender nicht, alle möglichen Konkretisierungen der Arbeitspflicht und des Weisungsrechts ausdrücklich zu regeln. Vielmehr ist das Weisungsrecht gemäß § 106 GewO Ausfluss und Folge der vertraglichen Festlegung der Arbeitspflicht. Die Vertragsparteien können es dabei belassen. Nach diesem Maßstab ist die Festlegung der Arbeitspflicht unter Berücksichtigung der Begleitumstände des Vertragsschlusses (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB) und der begrenzten Möglichkeiten für eine Konkretisierung im Vorhinein ausreichend transparent.
Rz. 1670
Eine vorformulierte Klausel, nach der ein Arbeitgeber eine andere als die vertraglich vereinbarte Tätigkeit einem Arbeitnehmer "falls erforderlich" und nach "Abstimmung der beiderseitigen Interessen" einseitig zuweisen kann, ist jedenfalls dann als unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB anzusehen, wenn nicht gewährleistet ist, dass die Zuweisung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand haben muss. Eine vorformulierte Vertragsklausel, wonach die Arbeitgeberin berechtigt ist, einer Filialleiterin eine andere Tätigkeit im Betrieb zuzuweisen, die ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht, ist unwirksam, wenn sie keine Einschränkung dahin enthält, dass es sich um eine gleichwertige Tätigkeit handeln muss. Sie benachteiligt die Arbeitnehmerin unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Rz. 1671
Die vorformulierte Zuweisungsklausel mit dem Inhalt, dass sich der Arbeitgeber vorbehält, einen Mitarbeiter entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen im Interesse des Unternehmens liegenden Tätigkeit zu betrauen und auch an einem anderen Ort zu beschäftigen, erweitern das Direktionsrecht des Arbeitgebers und sind weder gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam noch benachteiligen sie den Arbeitnehmer i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen. Sie verstoßen auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. § 308 Nr. 4 BGB ist nicht auf arbeitsvertragliche Versetzungsvorbehalte anzuwenden; denn die Vorschrift erfasst nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der Leistung des Verwenders. Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen betreffen demgegenüber die Arbeitsleistung als die dem Verwender geschuldete Gegenleistung. Eine formularmäßige Versetzungsklausel, die materiell der Regelung in § 106 S. 1 GewO nachgebildet ist, stellt weder eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar, noch verstößt sie allein deshalb gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, weil keine konkreten Versetzungsgründe genannt sind.