Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessen, billiges. Inhaltskontrolle. Versetzungsvorbehalt. AGB-Kontrolle
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Versetzungsklausel in einem vorformulierten Arbeitsvertrag, den Arbeitnehmer mit einer anderen im Interesse des Unternehmens liegenden Tätigkeit zu betrauen und auch an einem anderen Ort zu beschäftigen, bedeutet insbesondere keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
2. Ein solcher Versetzungsvorbehalt verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt vom Verwender nicht, alle möglichen Konkretisierungen der Arbeitspflichten und des Weisungsrechts ausdrücklich zu regeln. Vielmehr ist das gesetzliche Weisungsrecht gemäß § 106 GewO Ausdruck und Folge der vertraglichen Festlegung der Arbeitspflicht; die Vertragsparteien können es dabei belassen.
Normenkette
BGB §§ 305, 315; GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 19.03.2008; Aktenzeichen 1 Ca 2207/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.03.2008 – 1 Ca 2207/07 – aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob eine abteilungsübergreifende Versetzung des Klägers durch die Beklagte rechtswirksam ist.
Der Kläger war vor der streitgegenständlichen Versetzung bei der Beklagten als Vorarbeiter in der Abteilung neue Fertigung – Lackiererei gemäß Arbeitsvertrag vom 16.01.1997, hinsichtlich dessen Inhalts auf Blatt 16 f. d. A. Bezug genommen wird, nebst Änderungsvertrag vom 10.02.2006 (Bl. 18 f. d. A.) tätig.
§ 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16.01.1997 enthält folgende Regelung:
„§ 3 Tätigkeit
Die Einstellung erfolgt als Maschinen Einrichter
in der Betriebsabteilung Lackiererei / Metallkapselfertigung
Der Arbeiter wird mit einschlägigen Arbeiten nach näherer Anweisung seiner Vorgesetzten und der Betriebsleitung beschäftigt.
Soweit betrieblich erforderlich, sind vom Arbeiter auch andere zumutbare Arbeiten zu verrichten, auch wenn dabei ein Wechsel von Prämien- oder Zeitlohn stattfindet.”
Mit Schreiben vom 06.08.2007 (Bl. 13 d. A.) unterrichtete die Beklagte den Kläger davon, dass er ab dem 20.08.2007 in der neu eingerichteten sogenannten Wickelabteilung angelernt werde. Dieser Versetzung hat der Kläger mit Schreiben vom 20.08.2007 (Bl. 12 d. A.) widersprochen. Mit Schreiben vom 22.08.2007 (Bl. 11 d. A.) hat die Beklagte ihre Versetzungsanordnung erneuert und begründet.
Der Kläger hat vorgetragen,
nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag sei eine abteilungsübergreifende Versetzung nicht möglich. Hinzu komme, dass er in der neuen Abteilung keine Vorarbeiterstellung mehr habe.
Er bestreite, dass er, der Kläger, für eine Sektproduktion in der Wickelkapselabteilung A. vorgesehen sei. Zudem sei die Aufnahme der Sektproduktion noch nicht absehbar.
Andererseits werde die Position, die er in der Fertigungsabteilung inne gehabt habe, nun mit einem Leiharbeitnehmer besetzt. Dies zeige, dass keine nachvollziehbaren Gründe für die Versetzung gegeben seien, sondern vielmehr weiterhin ein Beschäftigungsbedarf für ihn in seiner alten Abteilung bestehe.
Zudem befürchte er Kündigungen in der Wickelabteilung.
Der Kläger hat beantragt,
- Es wird festgestellt, dass die Versetzung des Klägers von der Abteilung neue Fertigung/Lackiererei in die Produktionsabteilung A. vom 06.08.2007 unwirksam ist.
- Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Vorarbeiter in der Abteilung neue Fertigung/Lackiererei bis zum rechtkräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
die streitgegenständliche Versetzung sei im Hinblick auf die im Arbeitsvertrag vom 16.01.1997 enthaltene Versetzungsklausel rechtlich möglich. Sie sei auch aus betrieblichen Gründen erforderlich. Die Unternehmensführung habe im Jahr 2006 den Aufbau einer Sektkapselproduktion beschlossen. Dies habe den Einsatz eines weiteren Einrichters in der Wickelabteilung erfordert. Dafür sei der Kläger aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und seinen Fähigkeiten besonders geeignet. Die ihm nunmehr übertragene Tätigkeit sei dem Kläger auch im Übrigen zumutbar.
Das Arbeitsgericht Mainz hat daraufhin durch Urteil vom 19.03.2008 – 1 Ca 2207/07 – festgestellt, dass die Versetzung des Klägers unwirksam ist und die Beklagte antragsgemäß zur Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verurteilt.
Gegen das ihr am 17.04.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 08.05.2008 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 30.05.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, im Jahr 2006 ...