Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1579
Die Verwendung von Versetzungsklauseln kann unerwünschte Auswirkungen insbesondere bei einer betriebsbedingten Kündigung haben, insbesondere in Bezug auf die Sozialauswahl und die Prüfung etwaiger Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten.
aa) Sozialauswahl
Rz. 1580
Durch Verwendung von Versetzungsklauseln wird der Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer ("vergleichbare Arbeitnehmer") erweitert. Vergleichbar sind diejenigen Arbeitnehmer, die – ggf. nach zulässiger Versetzung – ausgetauscht werden können, ohne dass es einer Änderungskündigung bedarf. Je weiter also die Reichweite des Versetzungsrechts geht, umso größer wird der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer, unter denen dann eine Auswahlentscheidung nach sozialen Gesichtspunkten zu treffen ist.
Rz. 1581
Jedoch bleibt die Sozialauswahl auch bei Verwendung einer unternehmensbezogenen Versetzungsklausel auf den Betrieb als organisatorische Einheit beschränkt und ist nicht auf das Unternehmen, und schon gar nicht auf den Konzern auszudehnen. Jedoch können mehrere Standorte einen Betrieb i.S.d. KSchG bilden (einheitliche Leitung in Bezug auf die wesentlichen personellen und sozialen Angelegenheiten). Sieht dann der Arbeitsvertrag die Möglichkeit einer Tätigkeit an mehreren Standorten des Unternehmens vor, kann auch eine standortübergreifende Sozialauswahl durchzuführen sein. Anders ist dies dann, wenn der Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag ausdrücklich nur für Tätigkeiten an einem bestimmten Standort eingestellt ist. Der Beschäftigungsanspruch beschränkt sich dann auf diese Einheit, entsprechend ist auch die Sozialauswahl auf den Standort beschränkt, unabhängig davon, ob die verschiedenen Standorte ggf. einen einheitlichen Betrieb im kündigungsrechtlichen Sinn darstellen.
bb) Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Rz. 1582
Die bei jeder Kündigung zu prüfende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (§ 1 Abs. 2 Nr. 1b KSchG) ist – anders als die Sozialauswahl – nicht streng betriebsbezogen, sondern unternehmens- bzw. arbeitgeberbezogen zu prüfen. Dementsprechend kann eine Versetzungsklausel dazu führen, dass dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung freie Arbeitsplätze in anderen Betrieben angeboten werden müssen. Im Falle einer wirksamen konzernweiten Versetzungsklausel kann die Suche nach einem freien Arbeitsplatz sogar auf andere Konzernunternehmen auszudehnen sein, soweit der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit hat, gegenüber dem Drittunternehmen die Weiterbeschäftigung durchzusetzen. Diese zusätzlichen Prüfungserfordernisse im Falle der Verwendung großzügiger Versetzungsklauseln erschweren die betriebsbedingte Kündigung aus Sicht des Arbeitgebers.
Rz. 1583
Hinweis
Mit Blick auf die dargestellten kündigungsrelevanten Konsequenzen sollten Versetzungsklauseln stets bewusst nur dort verwendet werden, wo das konkrete Arbeitsverhältnis eine gewisse Flexibilität tatsächlich erfordert. Andernfalls (etwa dort, wo ein Spezialist für eine genau festgelegte Position und für fest vorhersehbare Aufgaben eingestellt wird) erscheint es sachgerechter und "ungefährlicher", Art und Ort der Tätigkeit im Arbeitsvertrag möglichst eng und konkret zu vereinbaren, um etwaige Nebenwirkungen im Falle einer späteren Kündigung zu vermeiden.