Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 341
Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich Anspruch auf Zustimmung zu seinem Änderungsangebot, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen.
Umstritten ist, wie gewichtig die Gründe sein müssen. Es wird zu Recht darauf hingewiesen, dass an anderer Stelle – z.B. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG, § 7 Abs. 1 und 2 BUrlG oder § 9 TzBfG – "dringende" betriebliche Gründe gefordert werden (siehe Rdn 363). Das muss für § 8 TzBfG heißen, dass rationale und nachvollziehbare Gründe für den Arbeitgeber ausreichen, das Teilzeitverlangen abzulehnen. Das BAG verlangt darüber hinaus jedoch, dass die Gründe hinreichend gewichtig sein müssen und verweist insofern auf die in § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG genannten Beispiele.
Rz. 342
Die Prüfung der Gründe des Arbeitgebers erfolgt nach der Rechtsprechung des BAG regelmäßig in drei Stufen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung ein bestimmtes betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt (1. Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (2. Stufe). Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (3. Stufe). Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden. Der Arbeitgeber kann nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der "richtigen" Arbeitszeitverteilung die Ablehnung begründen.
Dieser Prüfungsmaßstab gilt auch für den Anspruch auf Neuverteilung der Arbeitszeit.
Die Frage, ob entgegenstehende betriebliche Gründe vorliegen, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber den Arbeitszeitwunsch ablehnt. Der Begriff der betrieblichen Gründe ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.
Bei der Feststellung, ob ein betrieblicher Grund i.S.d. § 8 Abs. 4 TzBfG vorliegt, findet keine Abwägung der betrieblichen Gründe mit den Arbeitnehmerinteressen an der Teilzeittätigkeit statt.
Rz. 343
Es ist somit Sache des Arbeitgebers, zunächst sein Organisationskonzept vorzutragen. Hierzu reicht es nicht aus, wenn er allgemeine Wertungen vorbringt. Es muss ein auf Tatsachen aufbauendes unternehmenspolitisches Konzept sein. Der Arbeitgeber muss dann vortragen, dass das Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers – entweder hinsichtlich der Verkürzung der Arbeitszeit und des Neuverteilungswunsches oder ggf. nur des Neuverteilungswunsches – nicht in dieses Organisationskonzept passt. Auch dies muss anhand von Tatsachen geschehen. Der Arbeitgeber muss sodann Tatsachen dafür vortragen, dass die potentiell entstehenden Probleme von hinreichendem Gewicht sind.
In gleicher Weise ist zu Störungen des Arbeitsablaufs vorzutragen. Eine Störung der Sicherheit des Betriebes durch die Verringerung der Arbeitszeit wird nur in Einzelfällen zum Tragen kommen. So kann sich der Arbeitgeber z.B. nicht darauf berufen, dass die Parteien sich auf ein bestimmtes Arbeitszeitmodell – z.B. die Fünf-Tage-Woche – geeinigt haben. Der Arbeitnehmer hat nach der Rechtsprechung des BAG bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs Anspruch auf Vertragsänderung. Eine Betriebsvereinbarung oder Regelungsabrede, die die Verteilung der Arbeitszeit regelt, kann jedoch ggf. einem davon abweichenden Änderungsverlangen entgegenstehen.
Rz. 344
Der wichtigste Grund für den Arbeitgeber für die Ablehnung dürfte sein, dass er die freiwerdende Arbeitszeit nicht anderweitig ersetzen kann. Er muss dann im Rechtsstreit vortragen, dass er alle Maßnahmen ergriffen hat, um den Wegfall der Arbeitszeit zu kompensieren, also z.B.
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eine Anfrage bei der zuständigen Agentur für Arbeit, ggf. über den Einsatzort hinaus, und eine abschlägige Antwort |
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eine Ausschreibung der Stelle in der maßgeblichen Presse |
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Angebote an andere Arbeitnehmer, ihre Arbeitszeit zu erhöhen. |
Der Arbeitgeber hat im Streit um die Wirksamkeit des Verringerungsanspruches anhand von Tatsachen zu beweisen, dass er trotz Ergreifen der vorstehenden Maßnahmen keinen Arbeitnehmer gefunden hat, der die wegfallende Arbeitszeit ausgleichen könnte.
Liegen keine organisatorischen Probleme oder Probleme des Arbeitsablaufs oder der Sicherheit vor, kann der Teilzeitanspruch mit dem Entstehen unverhältnismäßiger Kosten begründet werden. Nicht hierzu zählen die mit jeder Teilzeitarbeit einhergehenden Kosten, z.B. durch notwendige Übergaben.
Rz. 345
Beispiel
Bei der X-GmbH fordert Außendienstmitarbeiter A die Reduzierung seiner wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 30 Stunden. Die X-GmbH wendet ein, dass bei Schaffung eines neuen Teilzeitarbeitsplatzes für diesen Arbeitnehmer ein Fahrzeug angeschafft werden müsste. Zudem müsste ...