Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 245
Liegt objektiv eine Schlechterbehandlung von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gegenüber vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern vor, stellt dies keine Diskriminierung i.S.d. § 4 Abs. 1 TzBfG dar, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung aufgrund eines sachlichen Grundes im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG – also bei Arbeitsentgelt und sonstigen teilbaren geldwerten Leistungen – grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Die Konkretisierung in § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG steht der Möglichkeit der Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung aus sachlichen Gründen jedoch auch in diesem Bereich nicht entgegen. Umgekehrt schließt eine Gleichbehandlung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer beim Arbeitsentgelt oder bei anderen teilbaren geldwerten Leistungen nach dem in § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG normierten pro-rata-temporis-Grundsatz von vorn herein eine zu rechtfertigende Ungleichbehandlung wegen Teilzeitarbeit aus, sodass es eines sachlichen Grundes nicht bedarf. Es kommt aber ggf. eine unzulässige Benachteiligung aus sonstigen Gründen i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG in Betracht.
Rz. 246
Eine unterschiedliche Behandlung eines Teilzeitbeschäftigten gegenüber einem vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten kann nur aus objektiven Gründen gerechtfertigt werden. Diese liegen nur vor, wenn die in Rede stehende Ungleichbehandlung einem echten Bedarf entspricht und zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist. Zugrunde zu legen ist dabei der Zweck der Leistung oder Maßnahme des Arbeitgebers. Im Hinblick auf die Vergütung der Tätigkeit berechtigt allein das unterschiedliche Arbeitspensum nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitkräften. Es ist Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob objektive Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.
Sachliche Rechtfertigungsgründe können – anknüpfend an die Vorgängerregelung in § 2 BeschFG – sein,
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Arbeitsleistung, |
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Arbeitsbelastung, |
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Qualifikation, |
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Ausbildung, |
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Verantwortung, |
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Berufserfahrung des Arbeitnehmers oder unterschiedliche Arbeits- und Arbeitsplatzanforderungen, |
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Aspekte des Arbeitsmarktes, wobei jedoch zu Recht auf die hohen Anforderungen an die Substantiierung hingewiesen wird, |
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höherer Versorgungsbedarf in der betrieblichen Altersversorgung. |
Rz. 247
Den Tarifvertragsparteien kommt hinsichtlich der Annahme eines sachlichen Grundes bei tariflichen Regelungen ein weiterer Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu als den Parteien des Arbeitsvertrages oder den Betriebsparteien. Sie haben nach Art. 9 Abs. 3 GG eine Einschätzungsprärogative. Sie können insbesondere eine typisierende Betrachtung zugrunde legen (zur geringfügigen Beschäftigung als sachlichen Grund für eine Unterscheidung siehe unten Rdn 315). Der Gestaltungsspielraum darf aber nicht dazu führen, das Verbot der Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer auszuhöhlen.