Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 818
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (siehe hierzu auch Rdn 902 ff.) besteht für den Geschäftsführer nur dann, wenn dies vertraglich ausdrücklich begründet wird. Allerdings darf der Geschäftsführer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Gesellschaft auch nach Beendigung seiner Geschäftsführerstellung nicht zum Nachteil der Gesellschaft nutzen. Ohne eine vertragliche Regelung sind daher Wettbewerbshandlungen des Geschäftsführers nach Beendigung des Anstellungsvertrages selbst dann zulässig, wenn der Geschäftsführer dabei sein aus der Geschäftsführertätigkeit erworbenes Erfahrungswissen ausnutzt. Auch die nach Beendigung des Anstellungsvertrages des Geschäftsführers erfolgende Abwerbung von Arbeitnehmern der Gesellschaft ist in diesem Fall nicht unzulässig. Es empfiehlt sich daher auf jeden Fall, in einen Geschäftsführeranstellungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot aufzunehmen, sofern nicht ausnahmsweise die Gesellschaft kein Interesse an der Verhinderung nachvertraglicher Wettbewerbstätigkeit durch den ausgeschiedenen Geschäftsführer hat.
Ein solches Wettbewerbsverbot wird von der Rechtsprechung am Maßstab des § 138 BGB i.V.m. Art. 12 GG geprüft, wobei die Wertentscheidungen der gesetzlichen Regelungen in den §§ 74 ff. HGB – soweit sie auf den Geschäftsführeranstellungsvertrag übertragbar sind – in die Prüfung einbezogen werden. Für einen GmbH-Geschäftsführer gelten die Regelungen über das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in den §§ 74 ff. HGB allerdings nicht unmittelbar. Dies gilt auch für den Fremdgeschäftsführer und den Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer. Sie sind aber auch nicht generell unanwendbar, so dass im Einzelfall geprüft werden muss, welche der gesetzlichen Vorgaben der §§ 74 ff. HGB auf den Geschäftsführeranstellungsvertrag zu übertragen sind. In Betracht kommt insbesondere eine Anwendbarkeit der § 74c HGB, § 75a HGB und § 75 Abs. 1 HGB, nicht aber der die Karenzentschädigung regelnden Vorschrift des § 74 Abs. 2 HGB oder des aus § 75d HGB folgenden Wahlrechtes des Beschäftigten bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot. Die nachfolgenden Regeln gelten in gleicher Weise für dienstvertraglich begründete wie für in gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen festgelegte Wettbewerbsverbote für den ausgeschiedenen Geschäftsführer.
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nach diesen Wertungen nur dann zulässig, wenn und soweit es dem Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft dient und nicht lediglich dazu führt, den Geschäftsführer an der Verwertung seiner Arbeitskraft zu hindern bzw. einen unliebsamen Konkurrenten vom Markt fernzuhalten. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann daher nur dann wirksam sein, wenn es gegenständlich auf den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft bezogen ist. Eine Erweiterung auf die Aktivitäten von Konzernunternehmen kommt nur in Betracht, wenn der Geschäftsführer aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer Kenntnisse erlangt haben kann, die die Konzernunternehmen betreffen. Dies dürfte im Regelfall nicht der Fall sein, so dass im Vertragsmuster insoweit im Unterschied zu dem vertraglichen Wettbewerbsverbot keine Erweiterung vorgenommen worden ist. Anstelle eines gegenständlich begrenzten Wettbewerbsverbotes kann auch eine Mandantenschutzklausel vereinbart werden, die sich allerdings nicht auf alle Kunden des Konzerns einer konzernangehörigen Gesellschaft erstrecken darf. In der Regel stellt eine Mandantenschutzklausel gegenüber einem gegenständlichen Wettbewerbsverbot das mildere Mittel dar, so dass sie in geeigneten Fällen gewählt werden sollte. Natürlich muss auch diese Regelung bei einer anderen Sachlage entsprechend angepasst werden.
Der ehemalige Geschäftsführer darf durch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht in unbilliger Weise von der Verwertung seiner Arbeitskraft abgehalten werden. Die Prüfung der Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes erstreckt sich deshalb auch auf dessen räumliche und zeitliche Reichweite. Regelmäßig dürfte eine zeitliche Geltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes für die Dauer von zwei Jahren angemessen sein. Dieser Zeitraum sollte nicht überschritten werden. Dies ist der Wertung des § 74a Abs. 1 S. 3 HGB zu entnehmen. Die Bindungsdauer beginnt mit der rechtlichen Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses und nicht mit einer eventuellen Freistellung oder dem (ggfs. früheren) Verlust der Organstellung. Sollte ausnahmsweise die zeitliche Geltungsdauer zu weit gewählt sein, kommt eine geltungserhaltende Reduktion durch richterliche Entscheidung in Betracht.
Die örtliche Reichweite des Wettbewerbsverbotes muss unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Gesellschaft im jeweiligen Einzelfall festgelegt werden, da das Wettbewerbsverbot ohne eine derartige Festlegung räumlich unbeschränkt und daher weltweit gelten würde und deshalb in aller Regel unzulässig ...