Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 286
Für die Unterrichtung und Anhörung und Beteiligung der SBV gelten im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie gegenüber dem BR. Somit tritt die Unwirksamkeitsfolge des § 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX nicht ein, wenn der Arbeitgeber die SBV vor Ausspruch der Kündigung entsprechend den für die Beteiligung des Betriebsrats gem. § 102 Absätzen 1 und 2 BetrVG geltenden Grundsätzen unverzüglich unterrichtet und anhört. Dabei muss die Unterrichtung die SBV in die Lage versetzen, auf die Willensbildung des Arbeitgebers einzuwirken. Der notwendige Unterrichtungsinhalt ist nicht auf "schwerbehindertenspezifische Kündigungsbezüge" reduziert. Der Grundsatz der subjektiven Determiniertheit der Kündigung findet wie bei einer Anhörung des BR nach § 102 BetrVG Anwendung.
Schriftlich muss die Unterrichtung nicht durchgeführt werden, auch wenn sich dies wie bei der Anhörung des BR aus Beweisgründen durchaus empfiehlt.
Die Anhörung der SBV muss weder der Beteiligung des BR noch der Antragstellung beim Integrationsamt zeitlich vorausgehen. Die Unterrichtung hat unverzüglich im Sinne von § 121 Abs. 1 BGB zu erfolgen. Der Arbeitgeber hat also die SBV über die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen zu unterrichten, sobald der entsprechende Beschluss von den dafür zuständigen Vertretern des Arbeitgebers getroffen wurde und die Unterrichtung ohne schuldhaftes Zögern möglich ist, so dass andere vordringliche Geschäfte unter Umständen vorgezogen werden können. Durch die Vorgabe "unverzüglich" unterscheidet sich die Unterrichtungspflicht gegenüber der SBV von der gegenüber dem BR, so dass sie zeitlich nicht im Belieben des Arbeitgebers liegt.
Die Verpflichtung zur Anhörung verlangt weitergehend, der SBV Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und diese Stellungnahme zur Kenntnis zu nehmen. Die Anhörung muss vor der Entscheidung erfolgen. Angesichts der in § 178 Abs. 2 SGB IX für die Stellungnahme der SBV fehlenden Frist wendet das BAG wegen einer insoweit planwidrigen Regelungslücke das Fristenregime des § 102 Abs. 2 BetrVG analog an. Die SBV muss etwaige Bedenken gegen eine beabsichtigte ordentliche Kündigung daher spätestens innerhalb einer Woche und gegen eine beabsichtigte außerordentliche Kündigung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen mitteilen. Einer ausdrücklichen Fristsetzung durch den Arbeitgeber bedarf es nicht.
Hinweis
Auch inhaltlich kann die Unterrichtung der des BR entsprechen, wobei allerdings ein besonderer Fokus auf die Belange schwerbehinderter Menschen gelegt werden sollte.
Rz. 287
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Muster 1c.28: Anhörung der SBV zur betriebsbedingten Kündigung eines schwerbehinderten Menschen
An die
Schwerbehindertenvertretung
Betrifft: Anhörung zur ordentlichen betriebsbedingten Kündigung gem. § 178 Abs. 2 SGB IX
Es ist beabsichtigt, das Arbeitsverhältnis mit folgendem Arbeitnehmer außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Zeitpunkt, das ist nach unseren Berechnungen der _________________________ (Datum), zu kündigen:
Name: |
_________________________ |
Anschrift: |
_________________________ |
Familienstand: |
_________________________ |
geboren am: |
_________________________ |
Kinder: |
_________________________, davon unterhaltspflichtig _________________________ (wenn nicht bekannt, das jeweilige Alter, wenn auch dies nicht bekannt, Anzahl mitteilen) |
Beginn Betriebszugehörigkeit: |
_________________________ (Datum) ggf.: Probezeit endet am _________________________ |
Ausgeübte Tätigkeit: |
_________________________ |
Wochenarbeitszeit: |
_________________________ |
Bruttovergütung: |
_________________________ (gegebenenfalls aufschlüsseln in Tariflohn, Zulage, freiwillige Leistungen) |
Schwerbehinderung/anerkannte Gleichstellung: |
Ja _________________________ (gegebenenfalls GdB) |
1. |
Die beabsichtigte Kündigung steht in keinerlei Zusammenhang mit der Behinderung von Herrn/Frau […]. Vielmehr sind es betriebsbedingte Gründe, die die beabsichtigte ordentliche Kündigung rechtfertigen. Im Einzelnen: Unternehmerische Entscheidung. Die Geschäftsführung hat am _________________________ die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Tätigkeiten im Bereich _________________________ mit Wirkung zum _________________________ einzustellen. Dies führt unmittelbar zum Wegfall des Arbeitsplatzes von Herrn/Frau_________________________. Hintergrund dieser Entscheidung ist _________________________: Als _________________________ hat _________________________ folgende Aufgaben:
a) |
_________________________ |
b) |
_________________________ |
|
Diese Aufgaben entfallen künftig ersatzlos.
2. |
Wegfall des Arbeitsplatzes |
3. |
Sozialauswahl |
4. |
Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen |
5. |
Interessenabwägung |
Auch nach äußerst gewissenhafter Abwägung überwiegt das Interesse des Unternehmens an der Umsetzung der neuen Strukturen und der Kostenersparnis gegenüber dem Interesse von Herrn/Frau _________________________ an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses.