Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 446
Entschädigungen nach § 24 Nr. 1a und b EStG sind nur steuerbegünstigt, sofern es sich hierbei um außerordentliche Einkünfte handelt. Hierfür muss eine Zusammenballung von Einnahmen vorliegen, die sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätten. Daher muss die Zahlung grds. in einem Betrag erfolgen, wobei es aber ausreichen soll, dass die Entschädigung innerhalb eines Bemessungszeitraums in mehreren Teilbeträgen erfolgt, da auch dann die Progressionswirkung abzumildern ist. Bei der Prüfung der Zusammenballung ist eine aus Anlass der Auflösung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährte Entschädigung einheitlich zu beurteilen, auch wenn sie sich in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht aus mehreren Teilen zusammensetzt; entscheidend ist der Zufluss innerhalb eines Kalenderjahres. Nicht tarifbegünstigt sind Entschädigungen, die dem Arbeitnehmer in zwei Kalenderjahren zufließen.
Rz. 447
Praxishinweis
In diesem Zusammenhang ist besondere Vorsicht bei einer Auszahlung der Abfindung in mehreren Raten geboten. Führt dies zu einem sukzessiven Zufluss über mehrere Kalenderjahre hinweg, entfällt die steuerliche Privilegierung der Abfindung.
Entsprechendes gilt, sofern in die Gestaltung von Abfindungsregelungen auch etwaige Sachleistungen (z.B. die fortgesetzte Zurverfügungstellung des Dienstwagens oder einer verbilligten Wohngelegenheit) einfließen. Kann der Arbeitnehmer über den Veranlagungszeitraum hinaus auf derartige Sachleistungen zugreifen, stellt dies einen geldwerten Vorteil dar, der die Zusammenballung der einheitlichen Abfindung und damit die Steuerbegünstigung insgesamt aufhebt.
Rz. 448
Ein Zufluss von Entschädigungen in mehreren Veranlagungszeiträumen ist nur dann unschädlich, wenn sie aufgrund von mehreren, gesonderte und unterschiedliche Zeiträume betreffenden Vereinbarungen gezahlt werden.
Rz. 449
Unschädlich für die Beurteilung der Hauptleistung als zusammengeballte Entschädigung sollen zudem in einem späteren Veranlagungszeitraum aus sozialer Fürsorge erbrachte Entschädigungszusatzleistungen sein, die Teil der einheitlichen Entschädigung sind. Ergänzende Zusatzleistungen sind für die tarifbegünstigte Besteuerung der Hauptleistung jedoch nur dann unschädlich, wenn es sich betragsmäßig lediglich um einen Zusatz zur Hauptleistung handelt (z.B. noch anerkannt: Nachbesserung aufgrund eines Sozialplans, welche zu einer Aufstockung um 42,3 % führte). Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn die in einem späteren Veranlagungszeitraum aus sozialer Fürsorge erbrachten Leistungen die Entlassungsentschädigung betragsmäßig fast erreichen. Zu beachten ist hierbei, dass nur die Hauptentschädigung, nicht jedoch die ergänzenden Entschädigungszusatzleistungen ermäßigt besteuert werden. Auf Antrag kann aber bei einem planwidrigen Zufluss in mehreren Kalenderjahren der Korrekturbetrag eines nachfolgenden Kalenderjahrs auf das vorhergehende zurückbezogen werden.
Rz. 450
Keine Zusammenballung ist nach Auffassung des BFH mehr gegeben, sofern die Abfindung zusammen mit dem im Jahr der Zahlung geflossenen Gehalt betragsmäßig ein Jahresgehalt nicht überschreitet und der Steuerpflichtige auch keine weiteren Einnahmen bezieht, die er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht auch bezogen hätte. Insofern kann bereits eine geringfügige Erhöhung der Abfindung steuerliche Vorteile bringen, sofern hierdurch der maßgebliche Referenzwert überschritten wird.
Rz. 451
Zur Erreichung einer steuerlichen Begünstigung von Leistungen im Rahmen von Aufhebungsverträgen kann sich unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen eine Verlagerung der Fälligkeit derartiger Leistungen in einen anderen Veranlagungszeitraum anbieten. Hierbei ist jedoch in zweifacher Hinsicht Vorsicht geboten: Wegen der im Folgejahr gegebenenfalls geringeren Einkünfte (z.B. im Fall von Arbeitslosigkeit) und der damit möglicherweise fehlenden Zusammenballung von Einkünften i.S.v. § 34 EStG kann die Steuerprivilegierung fraglich sein; allerdings kann in einem solchen Fall eine Steuerbegünstigung aus einem dann niedrigeren Steuersatz resultieren. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber – wenn nichts Abweichendes vereinbart ist – auch in solchen Fällen die Überweisung des Betrages zu einem früheren Zeitpunkt vornehmen. Fließt aufgrund dessen der Zahlungsbetrag noch im laufenden Veranlagungszeitraum dem Arbeitnehmer zu, wird der steuerliche Zweck nicht erreicht. Eine Haftung des Arbeitgebers besteht in diesen Fällen jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitgeber zur vorzeitigen Leistung berechtigt war.
Praxishinweis
Soll die Auszahlung der Abfindung aus steuerlichen Gründen in das kommende Kalenderjahr verlagert werden, sollte wegen § 271 Abs. 2 BGB vereinbart werden, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, die Zahlung vor dem vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt zu leisten. Ergänzend könnte geregelt werden, dass der Arbeitnehmer die Auszahlung vorher verlang...