Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 218
Auf den Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen hin prüft das Integrationsamt nicht deren arbeitsrechtliche Zulässigkeit, sondern ausschließlich die Notwendigkeit der Gewährung von Sonderkündigungsschutz.
Rz. 219
Der an das Amt zu stellende Antrag muss gemäß § 170 Abs. 1 S. 1 SGB IX schriftlich oder elektronisch erfolgen. Bei der elektronischen Einlegung ist § 36a SGB I zu beachten (qualifizierte elektronische Signatur); allerdings sollen auch Telefax oder Telegramm genügen. Im Übrigen ist der Antrag formfrei, behördliche Formulare existieren nicht, einige Ämter übersenden dem Arbeitgeber nach Antragseingang allerdings Fragebögen, vor allem zur Arbeitssituation und -gestaltung. Der Antrag unterliegt auch keinen zwingenden inhaltlichen Mindestanforderungen; fehlen dem Amt Informationen oder Unterlagen, fordert es diese formlos an. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Der Antrag ist an das für den Sitz des Betriebes zuständige Integrationsamt zu richten (Liste der zuständigen Integrationsämter siehe Rdn 245). Wird der Antrag bei einem unzuständigen Integrationsamt gestellt (etwa bei dem am Wohnsitz des Arbeitnehmers), so wird dieser zwar verwaltungsintern weiterzuleiten sein, jedoch gilt der Antrag erst als eingegangen, wenn er das zuständige Integrationsamt erreicht. Gemäß § 64 SGB X ist der Antrag gebührenfrei.
Rz. 220
Die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Entscheidung bei beantragter Zustimmung zur ordentlichen und außerordentliche Kündigung sind in den §§ 171 und 174 SGB IX geregelt. Das Integrationsamt holt eine Stellungnahme des BR und der Schwerbehindertenvertretung ein und führt eine Anhörung des betroffenen schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmers durch, § 170 Abs. 2 SGB IX. Es empfiehlt sich daher, die entsprechenden Kontaktdaten dem Antrag des Arbeitgebers bereits beizufügen, einschließlich Fax- und Telefonverbindungen. Der Wortlaut von § 170 Abs. 2 SGB IX verdeutlicht, dass dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur mündlichen Erörterung eingeräumt werden muss, während die Stellungnahmen des BR und der Schwerbehindertenvertretung in Schriftform genügen. Das Integrationsamt hat die Stellungnahme des BR auch bei leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG einzuholen, denn § 87 Abs. 2 SGB IX sieht insoweit keine Ausnahme vor. Eine Stellungnahme des BR gegenüber dem Integrationsamt ist zusätzlich zur Anhörung nach § 102 BetrVG erforderlich; Zustimmungsverfahren mit Beteiligung des BR und Anhörung nach § 102 BetrVG ersetzen einander nicht. Eine gütliche Einigung ist in jedem Stadium des Verfahrens zu versuchen, § 87 Abs. 3 SGB IX.