Rz. 1

Der römisch-rechtliche Rechtsgrundsatz "pacta sunt servanda" ("Verträge muss man einhalten") ist durch das Recht der Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen jedenfalls bei Beteiligung eines Verbrauchers weitestgehend unbedeutend geworden.[1] Die erste Normierung fand die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen 1976 im AGBG. Beschleunigt wurde die Entwicklung durch die europarechtliche Harmonisierung. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts wurde das AGBG aufgehoben. Seine Regelungen wurden mit Wirkung ab dem 1.1.2002 in die §§ 305 ff. BGB integriert.

 

Rz. 2

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei[2] bei Abschluss eines Vertrags stellt, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Da die Kontrollbestimmungen für AGB sich faktisch von Verbraucherschutzrecht hin zu allgemeinen Schutzbestimmungen verändert hat, ist allerdings die Begriffsannäherung über die Negativabgrenzung des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB treffender: Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

 

Rz. 3

Für das Eingreifen der AGB-Kontrolle ist die Art des Vertrages weitestgehend unerheblich. Neben schuldrechtlichen Bedingungen werden z.B. sachenrechtliche oder technische Vertragsbedingungen erfasst, ebenso können einseitige Rechtsgeschäfte des Kunden (z.B. Vollmachtserklärungen) hierunter fallen.[3] Auch Form und Gestalt der vorformulierten Bedingungen sind gemäß Klarstellung in § 305 Abs. 1 S. 2 BGB unerheblich. Anwendungsausnahmen enthält § 310 BGB. Die Kontrolle findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Arbeitsverträge hingegen unterliegen der AGB-Kontrolle, wobei aber die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen sind.

 

Rz. 4

Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer (§ 14 BGB) und einem Verbraucher (§ 13 BGB), sog. Verbraucherverträge, ergeben sich aus § 310 Abs. 3 wesentliche Erweiterungen der Grunddefinition:

Die Bedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden, § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB.
Die AGB-Kontrolle findet auch dann Anwendung, wenn die nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind (sog. Einmalbedingungen), solange der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen tatsächlichen Einfluss nehmen konnte, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB.
Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen, § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB.

Da § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB wegen der niedrigeren "Entkräftungs"-Schwelle (Einflussnahmemöglichkeit statt "Aushandeln") für den Kunden ungünstiger sein kann als § 305 Abs. 1 BGB (ggf. mit § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB), hat der Kunde als Verbraucher hier "die Wahl" (siehe "auch" in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

 

Rz. 5

Bei Verträgen zwischen Unternehmern findet die AGB-Kontrolle eingeschränkte Anwendung, § 310 Abs. 1 BGB. § 305 Abs. 2 und 3, § 308 Nr. 1, 2 bis 8 und § 309 sind unmittelbar nicht anwendbar, ihre Rechtsgedanken fließen dann aber über § 307 Abs. 1 und 2 BGB wieder ein. Auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen.

 

Rz. 6

Grundsätzlich sind AGB nur solche, die durch eine Partei vorformuliert und dann der anderen Partei gestellt wurden. Die Anforderungen an das "Vorformulieren" indes sind gering. Eine einmalige Verwendung(sabsicht) genügt.[4] Nach überwiegender Ansicht werden auch von einem Dritten – nicht im Auftrag einer Partei – erstellte (vorformulierte) Muster erfasst.[5] Werden solche jedoch von einem Dritten (z.B. Notar) im Auftrag des Verbrauchers eingeführt, so gilt die Ausnahmeregelung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 a.E. BGB entsprechend (denn hier konnte der Verbraucher Einfluss nehmen).[6] Bei Verbraucherverträgen gilt die Vermutungswirkung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB.

Vorformulierte "Vertragsbedingungen" meinen Erklärungen des Verwenders, die den Inhalt eines Vertrags regeln sollen (oder die diesen Eindruck erwecken). Gegenbeispiel: Interne Anweisungen zur Koordinierung eines tatsächlichen Verhaltens genügen nicht.[7] Neben schuldrechtlichen Bedingungen werden z.B. sachenrechtliche oder technische Vertragsbedingungen erfasst, ebenso können einseitige Rechtsgeschäfte des Kunden (z.B. Vollmachtserklärungen) hierunter fallen.[8] Form und Gestalt der vorformulierten Bedingungen sind gemäß Klarstellung in § 305 Abs. 1 S. 2 BGB unerheblich. "Vorformuliert" sind Klauseln, die auf irgendeine Weise gespeichert oder vervielfältigt wurden (Abspeicherung im Gedächtnis genügt[9]). Wegen der Einzelheiten (zum Begriff und Stellen von AGB sowie zum Aushandeln) kann auf die einschlägige Kommentarliteratur zu § 305 BGB verwiesen werden.

 

Rz. 7

Allgeme...

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