aa) Terminverschiebung bei Höherer Gewalt, Streik und Aussperrung
Rz. 87
Im Falle "Höherer Gewalt", einer Pandemie und anderer vom Lieferer nicht zu vertretender Störungen bietet das BGB hinreichende Mechanismen, Schadensersatzpflicht und Verzug auszuschließen (§§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 BGB). Das Rücktrittsrecht ist allerdings nicht vom Verschulden abhängig. Bei Streik und Aussperrung sind die Mechanismen nicht so eindeutig, da sie in das Betriebsrisiko des Verkäufers fallen. Klauseln, die im Falle von Streik oder Arbeitskampfmaßnahmen vertragliche Termine entsprechend verschieben, sind üblich. Sie sind aber nur insoweit zulässig, als ein Ereignis zugrunde liegt, das vom Verwender nicht zu vertreten ist (siehe auch § 309 Nr. 8 lit. a BGB). Andernfalls läge ein verhüllter Haftungsausschluss vor. Ob ein Verschulden des Verwenders bei Arbeitskampfmaßnahmen im eigenen Betrieb vorliegt, ist umstritten.
bb) Anforderungen an Begrenzungen der Verzugshaftung
Rz. 88
Verzugshaftungsbegrenzungen in AGB werden vom BGH grds. anerkannt. Es ist jedoch nicht definitiv geklärt, ob Verzug stets die Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht darstellt. Wenn nicht, könnte auch ein Haftungsausschluss vorgesehen werden. Wenn Verzug in jedem Fall die Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht darstellt, muss die in den AGB vorzusehende Haftungsgrenze der Höhe nach den aufgrund des Verzugs vertragstypischen vorhersehbaren Schaden abdecken. Der BGH hat bei Neuwagenverkaufsbedingungen (NWVB 1992) eine Begrenzung der Verzugshaftung nach § 286 BGB a.F. (Verzögerungsschaden) auf 5 % (als vertragstypischen Schaden) für wirksam erklärt, die zusätzliche Haftung wegen Nichterfüllung (heute: Schadensersatz statt der Leistung) aufgrund Lieferverzugs auf (zusätzliche) 10 % des Kaufpreises jedoch für unwirksam, weil im Anwendungsbereich (Neuwagenverkauf) typischerweise höhere Schäden auftreten könnten. Der BGH hat jedoch auch im Hinblick auf die Begrenzung des Nichterfüllungsschadens eine summenmäßige Begrenzung nicht für unzulässig gehalten, sondern nur bei der konkreten Konstellation die genannte Summe für zu niedrig befunden. Das Urteil betraf einen Verbraucher.
Einen Prozentsatz (oder sonstigen Faktor oder Betrag) für die Haftungsbegrenzung kann nur der Verwender selbst im Hinblick auf den Anwendungszweck der AGB und die "vertragstypisch vorhersehbaren Schäden" bestimmen.
Rz. 89
In der Klauselfassung sind auch die übrigen AGB-rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten:
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das Verbot des Ausschlusses von Haftung für grobes Verschulden, § 309 Nr. 7 lit. b BGB; |
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das Verbot des Ausschlusses der Haftung bei Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, § 309 Nr. 7 lit. a BGB; |
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das Verbot des Ausschlusses von Ansprüchen nach dem ProdHaftG (auch wenn als Verzögerungsschaden fernliegend); |
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die Begrenzung der Haftungseinschränkung bei Kardinalpflichten. |